Durch Züchtung modifiziert der Homo sapiens das Gehirn seines besten Freundes.
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Boston/Wien. Hunde sind ein bunter Haufen. Vom Stupsnasen-Mops über den langohrigen Cocker-Spaniel bis zum getupften Dalmatiner oder dem Puli mit seinen bodenlangen Dreadlocks haben sie viele unterschiedliche Formen und Größen. Manche laufen wie der Blitz, andere trapsen gemütlich dahin, manche jagen mit der Nase, andere mit den Augen. Seit etwa 15.000 Jahren züchtet der Mensch Hunderassen. Das Ergebnis ist die Art mit dem wahrscheinlich größten Variantenreichtum im Tierreich.
Ein US-Team berichtet im "Journal of Neuroscience", dass selektive Züchtung nicht nur die Fähigkeiten und das Aussehen der Vierbeiner beeinflusst, sondern auch den Aufbau ihrer Gehirne verändert. Die Forschenden des Veterinärmedizinischen Spitals der University of Georgia in Athens machten Magnetresonanztomographien (MRI) der Denkorgane von 62 Hunden, die 33 Rassen angehören. Alle Tiere wurden gesund entlassen. Und die Daten entpuppten sich als Fundgrube. Vom Dobermann bis zum Schäferhund, vom Rauhaardackel bis zum Boxer ließen sich Verschiedenheiten im anatomischen Aufbau von insbesondere sechs Gehirnregionen erkennen, die mit typischen Eigenschaften und Fähigkeiten von Canidenrassen in Verbindung gebracht werden. "Die Anatomie des Gehirns variiert von Hunderasse zu Hunderasse. Es scheint zudem so zu sein, dass manche dieser Veränderungen auf die gezielte Züchtung zum Hirtenhund, Jagdhund oder Wachhund zurückzuführen sind", sagt Studienleiterin Erin Hecht, Neurowissenschafterin an der Universität Harvard, in der "Washington Post".
Jeffrey Stevens, Direktor des Hunde-Kognitionszentrums der Universität Nebraska, der an der Studie nicht beteiligt war, äußert sich etwas vorsichtiger. "Die Ergebnisse sind vielversprechend. Aber es gibt mehr als eine Meinung über typische Charakterzüge von Hunderassen, auch wegen der individuellen Unterschiede von Hund zu Hund." Zudem seien die MRI-Scans gemacht worden, als die Tiere als typisch geltende Aufgaben erfüllten. Ob die zuständigen Neuronen ebenso aktiv seien, wenn sie einfach nur als Haustiere lebten, müsse sich erst weisen.