Lima - Totgesagte leben länger. Dieser Spruch gilt offenbar auch für den früheren peruanischen Präsidenten Alan Garcia (51), der bei der Präsidentenwahl am Sonntag zur Überraschung aller eine Stichwahl gegen Alejandro Toledo erzwang.
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Als der Jurist 1990 die Regierungsgeschäfte nach fünfjähriger Amtszeit an Nachfolger Alberto Fujimori übergab, war das Land wirtschaftlich ruiniert und Garcia stand unter Korruptionsverdacht. Politisch galt er damals als tot. Elf Jahre später scheint vieles vergeben und vergessen: Der Sozialdemokrat errang immerhin Platz 2.
In der Stichwahl Ende Mai trifft der brillante Redner und geschickte Wahlkämpfer jedoch auf einen schweren Gegner: Der Wirtschaftsfachmann und Indio-Mestize Alejandro Toledo hat sich nicht nur als Anführer des jahrelangen Kampfes gegen Fujimori in weiten Teilen der Bevölkerung Respekt erworben. Mit seinem Versprechen, Korruption und Armut zu bekämpfen, beeindruckte er auch die armen und unterprivilegierten Bevölkerungsschichten. Das Gros von ihnen sind Indios und Mestizen. In dieses Wählerpotenzial einzudringen, dürfte dem aus der weißen Oberschicht stammenden Garcia nur schwer gelingen.
Der Wahlkampf für die Stichwahl verspricht deshalb spannend, aber auch hart zu werden. Beide Politiker müssen versuchen, einen entscheidenden Teil der Wähler der christlichsozialen Kandidatin Lourdes Flores auf ihre Seite zu ziehen. Flores hat nach den vorläufigen Ergebnissen den Einzug in die Stichwahl nur knapp verfehlt. Für ihre eher konservativen Anhänger aus der Ober- und Mittelschicht sind sowohl Toledo als auch Garcia ein rotes Tuch. Beide, sowohl Toledo als auch Garcia, werden beim Werben um diese Gruppe deshalb Kreide fressen müssen, ohne ihre Stammwähler zu verprellen.