Zum Hauptinhalt springen

Wie der Stromhandel funktioniert

Wirtschaft

Energieversorger fahren zweigleisig: kurzfristig über Spotmarkt sowie mittel- und langfristig über Terminmarkt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Wien Energie und ihre so plötzliche Liquiditätslücke in Milliardenhöhe haben zuletzt viel Staub aufgewirbelt. Ganz offensichtlich hat sich der Energieversorger bei seinen Termingeschäften im Stromhandel auf zu große Dimensionen eingelassen. Und dies hat wegen des jüngsten Höhenflugs der Strompreise sowie der ebenfalls sprunghaft gestiegenen Sicherheiten, die bei solchen Geschäften zu leisten sind, seine Finanzen überfordert - deshalb sein Hilferuf an die öffentliche Hand. Ob solche Hilferufe noch von anderen heimischen Energieversorgern kommen, bleibt abzuwarten. Faktum ist jedenfalls, dass an den Märkten Tag für Tag hochkomplexe Geschäfte abgewickelt werden, die eine ausreichende Energieversorgung sicherstellen sollen. Doch wie läuft in Europa der Stromhandel, der zu einem Teil auch über die Strombörsen erfolgt, ab? Die "Wiener Zeitung" ist dieser Frage nachgegangen.

Der Stromhandel selbst läuft über zwei Schienen: den Spotmarkt und den Terminmarkt. Bei Geschäften, die am Spotmarkt getätigt werden, können Marktteilnehmer kurzfristig - Kauf respektive Verkauf und Liefertag liegen nicht mehr als einen Tag auseinander - ihre benötigten Mengen an Strom an vollelektronischen Marktplätzen kaufen oder überschüssige Strommengen verkaufen. Dabei geht es um eine kurzfristige Optimierung von Beschaffung und Verkauf, wie Experten erklären. Den kurzfristigen Spotmarkt für Strom organisiert innerhalb der European Energy Exchange (EEX) Group, die als Strombörsen-Verbund ihren größten Standort in Leipzig hat und zu der auch die Energy Exchange Austria (EXAA) gehört, die Börse Epex Spot, die ihren Hauptsitz wiederum in Paris hat.

Bis zu sechs Jahre im Voraus

Indes werden die am Terminmarkt der EEX abgeschlossenen Handelsgeschäfte erst zu einem späteren, zuvor vereinbarten Zeitpunkt physisch oder finanziell erfüllt. Beim Terminhandel kann Strom mit einem Vorlauf von bis zu sechs Jahren gekauft und verkauft werden, heißt es aus der Branche. Über den Verkaufspreis wird direkt beim Kauf entschieden. Hier wird auch festgelegt, wann der Strom geliefert wird. So können sich Marktteilnehmer vor Preisänderungen im Markt absichern und langfristig planen, wie es heißt. Die Geschäfte zwischen zwei Handelsteilnehmern, bei denen Preis und Abnahme für eine bestimmte Zeit im Voraus bestimmt sind, werden im Fachjargon als Futures bezeichnet. Um solche geht es auch bei der Wien Energie.

Dem börslichen Terminhandel zugrunde liegt ein System von Sicherheitsleistungen, das sogenannte Margining. Das ist eine Art Kaution, die von den Handelsteilnehmern bei jeder Transaktion bereitgestellt werden muss. Die hinterlegten Sicherheiten dienen der Absicherung der getätigten Börsengeschäfte und erfordern bei starken Preisschwankungen wie jüngst im Fall der Wiener Energie zusätzliche Liquidität. Fällt der Strompreis, verringert sich die Margin, im besten Fall wird daraus ein Gewinn. Bleibt der Strompreis jedoch auf dem hohen Niveau, muss der Verkäufer diese Strommenge zu Marktpreisen und damit deutlich teurer einkaufen, als er sie vorab verkauft hat. Allerdings kann sich ein Versorger mit einem gegenläufigen Kontrakt vor Kursschwankungen absichern. Und wenn der Vertrag geliefert wird, fließen die Sicherheiten wieder zurück.

Willst du diesen Inhalt sehen? Gib den anderen Cookies grünes Licht.

Wiener Zeitung Logo

Cookie Einstellungen

Ohne Cookies funktioniert die Website wienerzeitung.at nur eingeschränkt. Für eine sichere und einwandfreie Nutzung unserer Website werden daher technisch notwendige Cookies verwendet. Für die Darstellung von Inhalten von Drittanbietern (YouTube und APA) werden Session-Cookies gesetzt. Bei diesen kann eine Datenübermittlung in ein Drittland stattfinden. Ihre Einwilligung zur Setzung genannter Cookies können Sie jederzeit unter "Cookie Einstellungen" am Seitenende widerrufen oder ändern. Nähere Informationen zu den verwendeten Cookies finden sich in unserer Datenschutzerklärung und in unserer Cookie-Policy.

Technisch notwendig
Youtube
Andere

Das Teilnehmerfeld der EEX ist mit rund 600 Handelsteilnehmern aus 37 Ländern sehr breit gefächert. Neben Energieversorgern und Stadtwerken nehmen auch Industrieunternehmen, Banken, spezialisierte Handelshäuser und Broker am Handel teil. Im Übrigen wird der Strom an der Börse nur bilanziell umgeschlagen, die tatsächliche physische Lieferung erfolgt über das Clearing-Haus der EEX.

Großteils außerbörsliche Deals

Mittlerweile läuft jedoch ein großer Teil des Stromhandels (circa 75 Prozent) außerbörslich ab - im Fachjargon "Over the Counter" (OTC), über die Ladentheke also. Im OTC-Handel wickeln Stromver- und Stromeinkäufer ihre Geschäfte - gegebenenfalls auch über die Vermittlung spezieller Broker - direkt miteinander ab. Auch hier gibt es einen Spotmarkt (siehe Grafik), wo der Strom tagesaktuell angeboten wird, und einen Terminmarkt, wo die Grundlast und die Spitzenlast mit Monats- und Jahreskontrakten in Form von Futures abgedeckt werden können. (kle)