Zum Hauptinhalt springen

Wie der Wolf zum besten Freund des Menschen wurde

Von Roland Knauer und Eva Stanzl

Wissen

Der Wolf wurde nicht ein Mal, sondern zwei Mal zum Hund domestiziert, berichten britische Forscher.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

London/Oxford/Wien. Wissenschaftliche Studien zeigen: Der beste Freund des Menschen trägt seinen Namen zu Recht. Der Hund teilt mit Menschen und Artgenossen. Seine Anwesenheit in Klassenzimmern erleichtert Kindern das Lernen. Und er kann sogar scheinbar Unmögliches: Hunde können die Lebensspannen von unheilbar Kranken verlängern.

Doch seit wann ist das so? In der Steinzeit konkurrierten Menschen und Wölfe um Nahrungsressourcen und waren gefährliche Feinde des jeweils anderen. Doch dann schlossen die Gegner einen Freundschaftsvertrag, den sie täglich erneuern. Hunde waren das erste Haustier, einigen Theorien zufolge leben sie bereits seit 30.000 Jahren bei Menschen. Die ältesten Überreste eines Vierbeiners aus Europa sind allerdings nur 15.000 Jahre alt.

Schon lange rätseln Forscher, wo und wann der Pakt zwischen Mensch und Hund zustande kam. Sie unternahmen genetische Untersuchungen - mit unterschiedlichen Ergebnissen. Im Allgemeinen wird angenommen, dass die Domestizierung des Wolfes nur einmal in der Geschichte erfolgte, und sich der Hund zusammen mit dem Menschen rund um den Globus ausbreitete. Jedoch herrscht Uneinigkeit, wo der Wolf zuerst häuslich wurde - in Europa oder in Asien. Britische Genetiker haben nun einen neuen Versuch gestaret, um die Geschichte der Domestizierung nachzuvollziehen. Sie kamen dabei zu dem Schluss, dass der Hund nicht nur einmal, sondern gleich zweimal beim Menschen einzog, und zwar zu unterschiedlichen Zeiten in verschiedenen Teilen der Erde. Die Forscher unter Federführung der Universität Oxford berichten über ihre Erkenntnisse im Fachmagazin "Science".

Die Genetiker um Laurent Frantz und Greger Larson untersuchten das Erbgut von 59 Hunden, die vor 14.000 bis 3000 Jahren zwischen Südostasien und Grönland verstorben waren. Die sogenannte "mDNA" aus den Minikraftwerken in den Zellen dieser Tiere konnten die Forscher in vier Typen unterteilen. Die Typen A und B fanden sie bei den längst verstorbenen Hunden im Osten und Südosten Asiens, während die Tiere im Westen Asiens und in Europa vor mehr als 3100 Jahren zu den Typen C und D gehörten. In den heute lebenden Hunden sind diese beiden Gruppen dagegen fast verschwunden, auch in Europa dominieren heute die alten asiatischen mDNA-Typen A und B.

Heutige Rassen sind Asiaten

Zusammen mit weiteren Untersuchungen scheint die bisherige Vermutung vom Tisch zu sein, wonach Hunde nur ein einziges Mal domestiziert wurden. Vielmehr ist laut den Forschern davon auszugehen, dass die Partnerschaft zwischen Wolf und Mensch unabhängig voneinander sowohl in Europa und im Osten Asiens geschlossen wurde. Dabei gewöhnten sich unterschiedliche, heute ausgestorbene europäische und asiatische Wölfe an die Jäger und Sammler ihrer Region.

Die europäischen Wölfe hatten sich vor 20.000 bis 60.000 Jahren vom Rest der Wölfe getrennt und gingen seither eigene Wege. Wie viel Zeit verging, bis sich einzelne Rudel den Menschen anschlossen, verrät das Erbgut laut den Forschern nicht. "Schon in der Steinzeithatten Menschen begonnen, Hunde zu halten", berichtet die Max-Planck-Forscherin Angela Perri. So gab es in einem schwedischen Dorf vor 8000 Jahren bereits große Hunde, die möglicherweise Schlitten zogen. Daneben gab es mittelgroße und kleine Tiere vom Format eines Terriers, möglicherweise als Wachhunde.

Vor etwa 3000 Jahren kamen in der Bronzezeit Menschen aus dem Osten nach Europa. Ihre Hunde paarten sich mit den heimischen Artgenossen - und verdrängten die alten mDNA-Typen C und D. Heute sind fast nur noch asiatische Hunde übrig.