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Wie ein Bergwerk

Von Werner Reisinger

Politik
© Roland Schlager

Der abtretende GÖD-Chef Fritz Neugebauer will im Vorstand bleiben - "in dienender Funktion".


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Wien. "Weils’d a Herz host, wie ein Bergwerk", schallt es von der Bühne in den Saal der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG). Am ersten Tag des Bundeskongresses der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) ist der Saal der stärksten Fraktion noch eher schütter besetzt, Musikbeiträge der eigens engagierten Band und die Reden zum Auftakt aber drehen sich nur um ihn: Fritz Neugebauer, noch amtierender Vorsitzender der GÖD und Prototyp eines österreichischen Beamtengewerkschafters, feierte am Montag seinen 72. Geburtstag - und gab zugleich seinen Rückzug von der GÖD-Spitze bekannt.

Sein Nachfolger tritt in große Fußstapfen: Norbert Schnedl, 56, bisher im GÖD-Vorstand für den Bereich Dienstrecht zuständig und FCG-Bundesvorsitzender, wurde am ersten Kongresstag von den Delegierten zunächst mit 99 Prozent zum FCG-Fraktionsvorsitzenden gewählt. Zuvor aber wurde das Urgestein Neugebauer ausführlich gewürdigt. Ein "Betonierer" sei Neugebauer mitnichten, sagte etwa Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Viel eher stehe Neugebauers oft kritisiertes Image für das eines verlässlichen Politikers. Man habe von ihm lernen können, was geschicktes und hartes Verhandeln bedeute, streute ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka Neugebauer Rosen - und dessen Nachfolger gleich ebenso: "Norbert Schnedl braucht da keine Nachschulung mehr."

Mehr Personal gefordert

Intern allerdings könnte vor Schnedl eine gutes Stück Arbeit liegen, wenn es darum geht, seine Führungskompetenz unter Beweis zu stellen: Fritz Neugebauer beabsichtigt nicht, sich gänzlich zurückzuziehen. Es sei ja jetzt "Mode", über den eigenen Gesundheitszustand öffentlich Auskunft zu geben, sagte Neugebauer in Anspielung auf den Bundespräsidentschaftswahlkampf, um dann klar zustellen, dass bei seiner letzten Untersuchung "alle Werte im Rahmen" gewesen seien - "kein einziger ist ausgefranst". Ob er also "einem in der Politik die Wadeln nach vorne richten" oder "irgendwo a Radl schmieren" müsse - wo immer "die Chefität" ihn brauchen würde, stünde er zur Verfügung, allerdings "in dienender Funktion". Neugebauer wird dem Vernehmen nach nicht nur im Vorstand und im Präsidium des GÖD verbleiben, sondern auch zu dessen Ehrenvorsitzenden gewählt werden. Nach Jahren an der Spitze der Beamtengewerkschaft bleibt Neugebauer also, trotz Nachfolger, eine fixe Bezugsgröße.

Auf jeden Fall "dialogbereit", ein fleißiger und ruhiger Arbeiter sei Schnedl, ist von den Delegierten zu hören. Als Dienstrechtsreferent im GÖD-Vorstand bringe Schnedl die nötige Expertise in einem zentralen Bereich mit, begründete Neugebauer die Entscheidung für seinen Nachfolger. Schließlich gelte es - weil man bisher gescheitert sei -, endlich ein neues Dienstrecht auf den Weg zu bringen. Norbert Schnedl zögerte am Montag indes nicht, mit Forderungen an die Regierung heranzutreten: "unbedingt" brauche es mehr Personal im öffentlichen Dienst. Dies sei allein durch die Flüchtlingsbewegung notwendig geworden, die Situation zeige deutlich, dass "das Konzept des schlanken Staates klar gescheitert" sei. Österreich liege beim Anteil des öffentlichen Dienstes an der Gesamtbeschäftigung mit 10,7 Prozent deutlich unter dem OECD-Schnitt von 15 Prozent, argumentierte Schnedl.

UGÖD: Prekariat bekämpfen

In "vertraulichen Gesprächen" habe man sich geeinigt, Schnedl als seinen Nachfolger vorzuschlagen, erklärte Neugebauer. Die allzu gewohnte Vertraulichkeit kritisierten am Montagvormittag Vertreter der Unabhängigen GewerkschafterInnen im öffentlichen Dienst (UGÖD) in einer Pressekonferenz. Sie fordern eine "andere Kultur der Meinungsbildung" und ein "Ende des Paternalismus" in der GÖD, man müsse weg vom Selbstverständnis einer "Beamtengewerkschaft" hin zu einer "wirklichen gewerkschaftlichen Interessensvertretung".

Immerhin seien inzwischen weniger als die Hälfte der im öffentlichen Bereich Beschäftigten Beamte. Ein Umbau zu einer parteiunabhängigen und zukunftsfähigen Gewerkschaft sei notwendig, die GÖD sei "kein Selbstbedienungsladen" von Rot und Schwarz, betonte der UGÖD-Vorsitzende Reinhart Sellner.

Die UGÖD-Vertreter wiesen auch auf die Zunahme von prekärer Beschäftigung hin, vor allem bei Jungen und Frauen. Auch seien über die Hälfte der öffentlich Bediensteten Frauen, in der Gewerkschaft seien diese jedoch unterrepräsentiert.