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Wie ein H Wien verändern soll

Von Alexander U. Mathé

Politik

Die Stadtwerke investieren 4,3 Milliarden Euro bis 2025 in die Klimaneutralität.


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Die Wiener Wasserstoffinitiative hat in Brunsbüttel einen ordentlichen Schub erhalten. In dem an der Ostsee gelegenen Ort mit dem für Wiener eigenartigen Namen begutachteten Helmut Meixner und sein Team vor knapp zwei Jahren die Anlage zur Wasserstoffproduktion. Im Laufe einer Tour dachte sich der Chef der Wiener Wasserstoff GmbH: "Das können wir eigentlich auch alles." Gesagt, getan: Bis zum Jahr 2023 entsteht in Simmering eine Elektrolyseanlage zur Produktion des energieliefernden Wasserstoffs (H2). Denn der, so viel steht fest, wird ein wichtiger Teil der Wiener Energiewende sein. Vor allem, weil die Stadt bis 2040 - so der Plan - klimaneutral sein will.

"Wir müssen dieses Technologiefenster nützen. Wir müssen und wir wollen von Anfang an vorne dabei sein", erklärte Finanzstadtrat Peter Hanke am Donnerstag gegenüber der "Wiener Zeitung". 4,3 Milliarden Euro wollen die Wiener Stadtwerke bis 2025 in klimaschützende Projekte investieren. Geld, das, wie er erklärt, ja nicht vergeudet sei. "Wir schaffen damit Werte", sagt Hanke. Insgesamt ist er unglücklich darüber, dass aus Stadtbudget finanzierte Investitionen in den Klimaschutz laut EU-Reglement in das vorgegebene Maximaldefizit miteingerechnet werden müssen. Das bremst notwendige Investitionen. "Dabei müsste man da noch viel mehr Anreize schaffen", sagt Hanke. Doch er ist zuversichtlich und setzt sich dafür ein, dass die EU-Vorschriften aus dem Jahr 1992 deutlich verbessert werden. Derzeit sind sie - pandemiebedingt - ohnedies ausgesetzt.

Wenn es um Wasserstoff als Energielieferanten geht, sind Techniker eher skeptisch. Ihnen gibt Meixner sogar recht: "Die Energiekosten von Wasserstoff sind um ein Vielfaches höher als bei fossilen Energieträgern." Doch Meixner geht es um den Zukunftsausblick. Einerseits sei es im Interesse zukünftiger Generationen unumgehbar, aus fossilen Energieträgern auszusteigen, andererseits werden sich die Kosten im Rahmen vermehrter Nutzung und wissenschaftlichen Fortschritts normalisieren, ist er überzeugt.

Ideal für Busse am Berg

Auch, dass Wasserstoff die Zukunft für Pkw sein könnte, glaubt Meixner nicht, da die Tankstelleninfrastruktur noch zu wenig ausgebaut ist. Sehr wohl mache der Einsatz hingegen bei Lastkraftwagen Sinn. Gegenüber rein batteriegetriebenen Fahrzeugen habe Wasserstoff die Nase vorne, erklärt er. Denn sobald Busse schwer beladen Steigungen zu bewältigen haben und auf diesen auch noch gestoppt und wieder angefahren werde, habe Wasserstoff eine ähnliche Effizienz wie Diesel. Lediglich mit Batterie betriebene Fahrzeuge haben auf diesem Gebiet hingegen einen enormen Leistungsabfall und werden daher in flacheren Gebieten eingesetzt.

Und so gibt es gerade in Wien Gegenden, in denen Wasserstoffenergie gefragt ist. Der Kahlenberg beispielsweise. Dort soll schon ab 2023 die gesamte Buslinie 39A mit der Kraft des Wasserstoffs betrieben werden. Laufende Testfahrten der Wiener Linien haben die Wasserstoffvorteile bereits bestätigt.

Um die Befüllung sicherzustellen, wird Ende des Jahres die erste Wasserstofftankstelle für Busse und Lkw in Ostösterreich eröffnet. Den Spatenstich dafür auf dem Gelände der Wiener Stadtwerke in der Leopoldau setzte am Donnerstag Polit- und Unternehmensprominenz: Stadtrat Hanke, Stadtwerke-Generaldirektor Martin Krajcsir, der Floridsdorfer Bezirksvorsteher Georg Papai, Wiener Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer und Geschäftsführer Meixner.

Grundsätzlich gibt es - etwa in der Shuttleworthstraße - bereits Wasserstofftankstellen. Doch die können lediglich Pkw befüllen. Diese benötigen einen Verdichtungsgrad des Wasserstoffs von 700 Bar. Busse und Lkw werden mit 350 Bar und 700 Bar sowie mit speziellen Zapfsäulen gegenüber dem Pkw-System betankt.

Überschuss-Strom nutzen

Energie aus Wasserstoff ist kompliziert. Vor allem deshalb, weil man zuerst einmal Energie benötigt, um das Element herzustellen. Es wirkt auf den ersten Blick absurd - Strom durch Strom zu gewinnen. Und es wird noch komplizierter. Denn es hängt davon ab, mit welcher Energie man den Wasserstoff herstellt, ob dieser dann auch wirklich öko ist. Strom aus Windrändern ist gut, aus Kohlekraftwerken weniger. Dennoch macht Wasserstoffenergie durchaus Sinn. Denn oft gibt es mehr Ökostrom, als man braucht - wenn der Wind wieder einmal heftiger bläst oder die Sonne stärker scheint. Diese überschüssige Energie will Meixner dann für die Gewinnung von Wasserstoff einsetzen.

Europaweite Vision

Doch woher kommt überhaupt der Wasserstoff für Wien? Künftig soll dafür die Elektrolyseanlage in Simmering sorgen. Für die Übergangszeit wird noch ein Lieferant gesucht. Derzeit gibt es dafür zwei Bewerber, einer davon ist aus Tirol. Doch Meixner denkt bereits weiter: Man könnte den Wasserstoff quer durch Europa bewegen. Dafür bräuchte man lediglich einen Teil der bestehenden Gasleitungen für den Wasserstoff bereitstellen. Alles noch Zukunftsmusik, doch die erklingt nicht nur in Meixners Ohren.

"2040 kommt schneller, als man denkt", sagt Stadtrat Hanke. Wer jetzt rechtzeitig bei der Energiewende dabei ist, gehört später zu den Gewinnern. Meixner ist jedenfalls stolz darauf, dass das Wasserstoff-Know-how zu 90 Prozent aus Wien kommt. Er wird nicht müde, die unternehmensübergreifende Kooperation von Wiener Stadtwerken, Wiener Netzen und Wien Energie beim Wasserstoffthema zu loben.

Die Rückendeckung dafür kommt von der Stadt. "Wir bekennen uns voll und ganz zur Entwicklung von Technologien für die Klimaneutralität. Wir stärken diesen Projekten politisch den Rücken, damit die in Ruhe und mit Sicherheit entwickelt werden können", erklärt Stadtrat Hanke.

Wasserstoff allein wird Wien zwar nicht klimaneutral machen. Doch wer weiß, wo sich Meixner - oder jemand wie er - demnächst wieder denken wird: "Das können wir auch."