)
Skandal um Korruption im Burgenland weitet sich aus - schleppende Aufklärung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Eisenstadt. Eigentlich sollte es die Begas gar nicht mehr geben. Die burgenländische Gasgesellschaft, die im Mehrheitsbesitz der Gemeinden war (51 Prozent), ging im Oktober des Vorjahres mit dem landeseigenen Stromerzeuger Bewag im neuen Konzern Energie Burgenland auf. Für etwas mehr als 100 Millionen Euro hatte das Land der Gemeindeanteilsverwaltung AG (GAV) die Begas abgekauft.
Doch anstatt sich langsam aus den Köpfen der Burgenländer zu verabschieden, ist die Begas auch im Jahr 2013 noch präsent. Als eine Affäre, als möglicher Kriminalfall, und, wie der Grüne Landtagsabgeordnete Michel Reimon meint: als Beleg für ein systemisches Versagen der Landespolitik. "Die Hälfte des Landesbudgets liegt in landeseigenen Unternehmen, und in denen gibt es keine Kontrolle", sagt Reimon.
Es ist eine durchaus vielschichtige Affäre, die im April 2012 ihren Anfang nahm, als die Fusion der beiden Energiebetriebe vorbereitet wurde. Eine Buchhalterin fand eine Rechnung eines Gärtners, der für 5700 Euro das Anwesen des Vorstandes Rudolf Simandl floristisch betreut hatte. Doch warum sollte die Begas dafür bezahlen? Simandl verlor sein Mandat. Und zwar fristlos.
Ein paar Monate später erhielt die Affäre einen weiteren Aspekt. Simandl hatte nicht nur private Rechnungen dem Betrieb umgehängt, sondern er bezog auch üppige Gagen durch diverse Boni. "Die Gehälter waren unmoralisch hoch", sagt die grüne Landessprecherin Regina Petrik.
Die Sonderprüfung kostete dann auch dem zweiten Vorstand der Begas, Reinhard Schweifer, den Job. "Die Begas war ja immer proporzmäßig rot-schwarz besetzt", sagt Petrik. Simandl galt als SPÖ-, Schweifer als ÖVP-nahe, nun waren beide ihren Posten los.
Doch gleich einer Hydra bekam die Begas-Affäre immer neue Auswüchse. Zuerst die falschen Abrechnungen, dann überhöhte Gagen und Privilegien, darunter Millionen-Pensionen für die Vorstände, und zuletzt zahlte der Bauunternehmer Klaus Ortner völlig überraschend 2,6 Millionen Euro an den Begas-Nachfolger Energie Burgenland. Und schon hatte die Causa eine weitere Wendung.
2,6 Millionen überwiesen
Warum überweist ein Baukonzern ganz plötzlich eine derartige Summe? Der Hintergrund dürften Probleme der Begas mit österreichischen und ungarischen Bürgerinitiativen gegen eine geplante Müllverbrennung in Heiligenkreuz gewesen sein. Um die Wutbürger zu besänftigen, bat Simandl Ortner um 1,3 Millionen Euro in bar, im Gegenzug verzichtete die Begas auf eine 2,6-Millionen-Forderung an Ortner.
Das Projekt Heiligenkreuz wurde mittlerweile gestoppt, was mit den 1,3 Millionen Euro passierte, ist aber unklar. Durch Recherchen von "News" kam heraus, dass Simandl 14 Millionen Euro in Stiftungen in Liechtenstein gebunkert hat, was selbst bei seiner jährlichen Gage von einer halben Millionen Euro sehr viel Geld ist.
Mit dem Argument, dass er, Ortner, nicht ausschließen könne, dass sich der Ex-Vorstand die 1,3 Millionen selbst angeeignet habe, überwies er nun die einst gestrichene Forderung an die Energie Burgenland. Der Grüne Reimon vermutet dahinter Kalkül. Ortner habe wohl erfahren, dass gegen ihn ermittelt werde. Und bevor dies von der Staatsanwaltschaft offiziell gemacht wurde, zahlte er, um bei einem etwaigen Verfahren bessere Karten zu haben.
Auch wenn die Skandale um die Begas und um die Salzburger Spekulationen nur sehr bedingt vergleichbar sind, zeigt sich eine Parallele. Die Oppositionsparteien greifen massiv die Regierenden an und weisen ihnen politische Verantwortung zu, die Landeshauptleute - in Salzburg Gabi Burgstaller, im Burgenland Hans Niessl - vertreten die Einzeltätertheorie. Die SPÖ-Burgenland verweist etwa darauf, dass die Begas mehrheitlich im Gemeindeeigentum war, das Land daher nicht zuständig gewesen sei. Deshalb ist übrigens auch ein Untersuchungsausschuss, im Gegensatz zu Salzburg, statuarisch gar nicht möglich.
"Es entspricht aber natürlich nicht der realpolitischen Wirklichkeit. Es gibt keine Entscheidung ohne Landeshauptmann", sagt FPÖ-Landesparteisekretär Géza Molnár. Und auch Reimon sagt: "Wer das Burgenland nur ein bisserl kennt, weiß, dass solche Verhandlungen nicht am Landeshauptmann vorbeigehen."
Tobende Opposition
Mit Kritik am ehemaligen Aufsichtsrat der Begas halten sich die Regierungspolitiker dann auch sehr vornehm zurück. Von den hohen Gagen hätten die Aufsichtsräte "meiner Meinung nach selber nicht gewusst", sagte etwa Niessl im Vorjahr. Doch wer hat die Sonderverträge unterschrieben? Wer hat einst den Verzicht auf 2,6 Millionen Euro an Forderungen gegengezeichnet?
Auf die strafrechtlich relevanten Fragen versucht derzeit die Staatsanwaltschaft Antworten zu finden, doch die Abklärung von etwaiger politischer Verantwortung ist schwierig. Wer hat von den Gagen, den Privilegien, dem Schwarzgeld gewusst? "Was wir brauchen ist ein Birnbacher", sagt Reimon. "Wenn nichts von außen passiert, sind wir machtlos", klagt Molnár. Der Kontrollausschuss des Landtags, dem FPÖ-Obmann Johann Tschürtz vorsitzt, hat keine Prüfkompetenz bei den Landesgesellschaften, die hat nur der Landesrechnungshof.
Im Vorjahr wurde Andreas Mihalits zu dessen Direktor bestellt, die Opposition tobte daraufhin wie wild. Mihalits hatte jahrelang im Büro von Landeshauptmann Niessl gearbeitet. Als Wirtschaftsreferent.