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Wie es mit Wien weitergeht

Von Christian Rösner

Politik

Ungeachtet des Wahlausgangs hat die Wiener SPÖ keine Zeit zum Durchatmen, bereits am Montag tritt der Vorstand zusammen.


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Wien. Die Wiener SPÖ hat für Christian Kern noch einmal das Ruder herumgerissen und der Bundespartei Platz zwei hinter der ÖVP beschert. "Wien hält" hieß es kurz nach Bekanntgabe der ersten Wien-Hochrechnungen am späten Sonntagnachmittag: Mit 35 Prozent lag sie klar vor ÖVP (21,7 Prozent) und FPÖ (21,4 Prozent). Die großen Verlierer sind aber auch in der Bundeshauptstadt die Grünen, die nur noch auf 5,6 Prozent gekommen sind -das bedeutet für den Stadtregierungspartner ein sattes Minus von fast elf Prozentpunkten.

"Das Ergebnis ist natürlich nicht so, wie ich es mir wünschen würde. Aber so schlecht ist es nicht, was die SPÖ geleistet hat, erklärte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) in einer ersten Reaktion. Für Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) war es hingegen ein "bitterer Tag für mich und die grüne Bewegung", wie sie in einem Fernsehinterview erklärte. Die Wähler hätten eine unüberhörbare Botschaft gesendet - nämlich dass sie es nicht schätzen würden, wenn man sich gegenseitig absäge und wenn aus den Grünen zwei Listen würden, meinte Vassilakou. Sie werde aber nicht zulassen, dass die Stadt "ausgehungert" werde und alle Kraft einsetzen, um Wien zu "beschützen", wie sie betonte. Ihre Sorge: Auf das "Wien-Bashing" der vergangenen Wochen könnten nun Taten folgen, sollte es zu Schwarz-Blau kommen.

Unmittelbare Auswirkungen auf Wien dürften aber vorerst nicht zu erwarten sein. "Dafür ist es noch zu früh - Wien wählt erst 2020", sagte selbst der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel, der sich immerhin über ein Plus von 7 Prozentpunkte in Wien freuen kann und damit weit vor den Grünen liegt.

Nach wie vor gespalten

Ungeachtet dessen hat die Wiener SPÖ trotzdem keine Zeit zum Durchatmen: Bereits heute, Montag, tritt der Wiener Vorstand zusammen, um den avisierten Wahltermin für den Landesparteitag am 27. Jänner zu beschließen. Schließlich gilt es, die Einladungsfrist von drei Monaten einzuhalten. Nachdem das erledigt ist, muss darüber diskutiert werden, wer am 27. Jänner für die Nachfolge Michael Häupls als Wiener Landesparteivorsitzender kandidieren wird. Das muss bis spätestens einen Monat vor dem Landesparteitag bekannt gemacht werden. Derzeit gibt es nur einen namentlich bekannten Kandidaten - und das ist Wohnbaustadtrat und Vizeparteivorsitzender Michael Ludwig (57), der in den vergangenen Monaten schon ordentlich die Werbetrommel für seine Person gerührt hat.

In SPÖ-Kreisen geht man nach wie vor fix davon aus, dass es einen Gegenkandidaten geben wird. Denn auch wenn die Wiener SPÖ-Funktionäre im Nationalratswahlkampf wieder enger aneinandergerückt sind - die Partei ist gespalten: in eine Ludwig-Fraktion und in eine Anti-Ludwig-Fraktion, wie ein Insider der "Wiener Zeitung" berichtet. Sprich: Ludwig scheint nicht der einende Kandidat zu sein, den sich die Partei wünscht - obwohl er sich laut Parteigenossen in den vergangenen Monaten auch durchaus bemüht zeigte, die "linke Ecke" der Partei ins Boot zu holen. "Zwar hat er sich nicht die Hacken für den Wahlkampf wund gelaufen, wie das unter anderem von Zeitungen berichtet wurde, aber viel Eigenwerbung und wohlwollende Signale ins gegnerische Parteilager hat es schon gegeben", heißt es.

Anti-Ludwig-Lager

Abgesehen davon hat Ludwig niemals selbst von einem Lagerkampf gesprochen, geschweige denn eine Seite unterstützt oder die andere kritisiert. Das haben immer andere Parteikollegen gemacht. Parteikollegen, die von anderen Parteikollegen und von den Medien "seinem" Lager zugerechnet wurden. Sie waren es, die den Rücktritt Häupls gefordert haben. Sie waren es, die die Flüchtlingspolitik der Stadt kritisierten. Und sie waren es auch, die während des Wahlkampfes für die Nationalratswahl die Auflösung der rot-grünen Koalition in Wien als einzige Überlebenschance für die Sozialdemokraten forderten.

Ganz anders als Michael Ludwig, der noch am Wochenende betonte, dass in Wien Rot-Grün auf jeden Fall noch die volle Legislaturperiode arbeiten solle.

Wen das Anti-Ludwig-Lager ins Rennen schicken wird, ist jedenfalls noch ein großes Geheimnis. Immer wieder genannt wurden die Namen von Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (40 Jahre alt), Umweltstadträtin Ulli Sima (49) und die derzeitige Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (46). Auch Brigitte Ederer (61) wurde mehrmals genannt.

Knappes Rennen

Obwohl Czernohorszky bereits zum wiederholten Male versichert hat, dass er kein Interesse daran habe, Häupl zu beerben, sprechen laut Partei-Insidern doch viele Punkte für ihn: Er ist relativ jung, eloquent, smart, mit der Partei vertraut - und könnte damit einen glaubwürdigen Generationenwechsel in der Partei einläuten und für frischen Wind sorgen. "Das Nichtwollen kann auch damit zusammenhängen, dass man jemand anderem nahesteht, dem man bisher nicht schaden wollte", meint der Insider verklausuliert. Heißt: Czernohorszky wollte zu Beginn des Jahres keinen Beitrag zur "Meuterei" gegen Michael Häupl leisten beziehungsweise noch zusätzlich Öl ins Feuer gießen. Abgesehen davon, dass er damit vermutlich selbst schnell "verbrannt" worden wäre.

Für Ulli Sima würde auf jeden Fall der "Frauenbonus" sprechen. Zwar wäre sie als Bürgermeisterin vorstellbar, als Landesparteivorsitzende allerdings weniger, weil sie nicht so stark in der Partei verankert sei, heißt es aus dem Rathaus. Pamela Rendi-Wagner würde als Quereinsteigerin hingegen beide Attraktivitätspunkte vereinen: Sie ist eine Frau und sie würde einen Generationenwechsel signalisieren bzw. für frischen Wind in der Partei sorgen können. Denkbar wären natürlich noch weitere Kandidaten aus der Bundesregierung - vor allem wenn die SPÖ auf Bundesebene in Opposition gehen sollte.

"Ich glaube jedenfalls, dass Ludwig im Falle einer Kampfabstimmung beim Landesparteitag keine eindeutige Mehrheit haben wird, obwohl er das schon öfter behauptet hat", erklärt ein Funktionär. Selbst wenn man die "Ludwig-starken" Bezirke 21, 22, 10, 11 und 19 zusammenrechnet, würde das noch keine Mehrheit für den Wohnbaustadtrat bedeuten. Abgesehen davon, dass es auch in den genannten Bezirken noch immer Gräben innerhalb der Partei geben dürfte - was die Abstimmungsergebnisse beim Landesparteitag im April gezeigt haben: Ludwig rutschte hier von noch 89,6 Prozent im Jahr 2015 auf 67,8 Prozent ab.

Keine schlechten Karten

Nichtsdestotrotz dürfte Ludwig keine schlechten Karten für den Jänner haben: Er bereitet sich seit vielen Monaten auf den Wechsel vor, er ist bereits Vizelandesparteivorsitzender und er genießt Anerkennung über die Parteigrenzen hinaus: Sowohl ÖVP als auch FPÖ sehen Ludwig als konsensfähigen Politiker. Ein Punkt, der vor allem vor dem Hintergrund der nun viel stärker gewordenen Wiener ÖVP von Bedeutung ist. Auf jeden Fall kommt er dort - und vor allem auch bei der FPÖ wesentlich besser an, als der gesamte linke Flügel der SPÖ. "Vom Michael Ludwig wirst du zu Tode umarmt. Da kann man nicht viel gegen ihn sagen", erklären sowohl ÖVP- als FPÖ-Mandatare.

Und er zeigt sich gerne volksnah: Egal, ob bei der Eröffnung eines neuen Wohnprojekts, bei der Preisverleihung eines Fotowettbewerbs über das schönste blühende Zuhause oder beim Bieranstich auf der Wiener Wiesn. Die derzeitige politische Stimmung - auch wenn er den Rechtsruck am Sonntag als "enttäuschend" bezeichnete - kommt Ludwig sicherlich mehr entgegen als einem Anhänger von Rot-Grün.