Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 1 Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Welche Apps darf man auf Diensthandys haben? Nach Facebook und WhatsApp steht nun TikTok im Zentrum der Kritik. Und das wahrlich nicht zu Unrecht, doch die Diskussion greift wieder einmal viel zu kurz.
Der Algorithmus von TikTok benachteiligt gezielt Individuen, die nach westlichem Verständnis eines besonderen Schutzes bedürfen. So werden etwa Videos von Menschen mit Beeinträchtigungen auf TikTok gezielt seltener ausgespielt. Gefangen in den unbekannten Welten des TikTok-Algorithmus versinken Kinder und Jugendliche stundenlang in mehr oder weniger Unsinn, während die Werbe- und Influencer-Industrie gar nicht genug bekommen kann. Vom verzerrten Körperbild, das vermittelt wird, gar nicht zu reden.
Doch nicht diese Themen, sondern die Verbindung nach China stehen in der Kritik. Ereignisse, die der Führung in Peking nicht gefallen, fallen der Zensur zum Opfer. Vieles an TikTok ist mit dem westlichen Verständnis von Menschenwürde, Gleichberechtigung, freier Meinungsäußerung und Minderheitenschutz nicht in Einklang zu bringen. Mindestens so groß wie die Gefahr von Spionage ist das Risiko einer gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinung, nicht zuletzt vor Wahlen. Das sagte man nach Cambridge Analytica auch über Facebook. Aber es ist nichts passiert: keine verstärkte Medienkompetenzschulungen, kein Diskurs, keine rechtlichen Reglementierungen. Irgendwann ist das Reden zu wenig, man muss sich den Problemen stellen.