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Wohnbau-Ressort: Neue Kategorie in der Flächenwidmung in Diskussion.
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Wien. Es ist eine Sache von Angebot und Nachfrage: Wenn immer mehr Menschen nach Wien kommen, werden Wohnungen teurer. Außer, es werden neue Wohnungen gebaut. Damit diese günstig gebaut werden können, wollen die Wiener Grünen nun an den Grundstückskosten drehen. Diese sind ein wesentlicher Bestandteil der Wohnkosten.
Geht es nach den Grünen, soll die Stadt in Zukunft nur noch in Ausnahmefällen ihre Grundstücke verkaufen. Vielmehr sollte die Vergabe von befristetem Baurecht zur Regel werden. Dabei wird auf eine vertraglich festgesetzte Zeit das Recht vergeben, ein Gebäude auf einem Grundstück zu errichten. Es ist also eine "Erbpacht".
Bei Baurechtsvergaben könnten Bauträger wesentlich günstiger bauen, da die hohen Grundstückskosten entfallen, so der Wohnbausprecher der Wiener Grünen, Christoph Chorherr.
Finanziell könnte das neue Modell für die Stadt aber ein Problem werden. "Langfristig bringen Baurechte zehn bis 15 Prozent weniger Ertrag als Verkäufe", räumte Chorherr ein. Außerdem verwerten die diversen Stadt-Töchter beziehungsweise Magistratsabteilungen derzeit ihren Grund selbstständig. Beispielsweise verkauft der Krankenanstaltenverbund freiwerdendes Gelände, um neue Spitäler bauen zu können. Wie diese Budgetlöcher gestopft werden sollen, konnte Chorherr nicht beantworten.
SPÖ: Laufend Projekte
im Baurecht
Hanno Csisinko, Sprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, betont, dass es immer wieder Projekte gibt, die mit Baurecht vergeben werden. Aktuell sei zum Beispiel für die Preyer’schen Höfe in Favoriten der Bauträgerwettbewerb in Vorbereitung. Dort vergibt die Stadt Wien das Baurecht. In der Gerasdorfer Straße in Floridsdorf wurde das Baurecht vom Wohnfonds Wien vergeben, dort entstehen 170 Wohneinheiten.
Allerdings könnte es zu juristischen Hürden kommen, so Csisinko - etwa wenn Wohnungen in das Eigentum der Mieter übergehen. Außerdem könne man nicht sagen, was passiere, wenn das Baurecht ablaufe und neu verhandelt werde. Auch sei das Baurecht nicht überall anwendbar. Bei Betriebsansiedlungen werde der Interessent kaum einem Baurecht zustimmen. So wurden zum Beispiel auch in der Seestadt Aspern im Bauteil Süd die Grundstücke für Wohnbau im Baurecht vergeben, Gewerbeflächen wie das Grundstück, auf dem die Firma Hörbiger baut, sei jedoch verkauft worden, so eine Sprecherin der Seestadt Aspern.
Laut Alfred Früh, Sprecher des Verbands Gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), ist das Baurecht eine "klassische Möglichkeit, leistbare Grundstücke für den sozialen geförderten Wohnbau zur Verfügung zu stellen". So habe die Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft errechnet, dass bei einem Projekt im Baurecht 43 Euro pro Quadratmeter als Baurechts-Nebenkosten zum Baukostenanteil dazukommen. Andernfalls wären 300 Euro pro Quadratmeter für die Grundkosten fällig.
Ludwig-Sprecher Csisinko verwies allerdings auf die andere Seite des finanziellen Aspekts: Vergebe die Stadt nur noch im Baurecht, gebe es kein Geld mehr, um weiter Grundstücke zu kaufen. Derzeit kaufe nämlich der städtische Wohnfonds laufend Grundstücke am Markt - viele Jahre, bevor dort etwas realisiert wird. Diese Flächen werden später an gemeinnützige Bauträger weiterverkauft, damit diese dort günstigen Wohnraum errichten können. Rund 2 Millionen Quadratmeter an "Flächenbevorratung" für den geförderten Wohnbau gibt es derzeit. Ohne Verkauf fehle das Geld, um "auf Vorrat" Grundstücke zu erwerben, so die Warnung.
Das Wohnbauressort versuche an anderen Schrauben zu drehen. So soll etwa noch 2013 die neue Widmungskategorie "Förderbarer Wohnbau" in der Bauordnung festgeschrieben werden.