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Manche nehmen es viel zu locker. | Andere kennen sich nicht aus. | Wien. Durch die jüngsten Bankenskandale bei Bawag und Hypo Alpe-Adria sind auch die Aufsichtsräte in das Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt. Hätten sie als Kontrollorgan des Vorstands die Verluste von hunderten Millionen verhindern können, wenn sie die riskanten Geschäfte mehr hinterfragt hätten? Was wussten sie und was nicht? Wie unabhängig sind sie? Wie viele Aufsichtsratsmandate kann jemand wahrnehmen?
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"Aufsichtsräte müssen nachfragen. Information ist auch eine Holschuld", meint Richard Schenz, Kapitalmarktbeauftragter der Regierung und seit vergangener Woche neues Aufsichtsratsmitglied bei der Bawag. Und sie müssten sich genügend Zeit für diese Aufgabe nehmen und bei den Sitzungen auch wirklich anwesend sein.
"Ich glaube schon, dass es Aufsichtsräte gibt, die das zu locker sehen", meint Schenz. In Österreich kann eine Person laut aktuellem Gesetz in maximal 10 Aufsichtsräten tätig sein (8 bei börsenotierten Gesellschaft, Aufsichtsratvorsitz zählt immer doppelt). Oft sind es auch Vorstände von Firmen, die in anderen Aufsichtsräten sitzen.
"Wie ich Chef der OMV war, hatte ich ein einziges externes Aufsichtsratsmandat. Für mehr hätte ich gar nicht Zeit gehabt", gibt Schenz zu bedenken.
Unvermögen durch schlechte Qualifikation
Anders als in Österreich oder Deutschland ist im angelsächsischen Raum das One-board-System üblich. Es gibt also nicht den Vorstand, der das Unternehmen führt und den Aufsichtsrat, der den Vorstand kontrolliert, sondern nur ein Gremium. Die Struktur der Gremien tut in der Praxis wenig zur Sache, meint Florian Schilling, Partner beim Beratungsunternehmen Board Consultants International und Spezialist für Aufsichtsräte. Nur zwei deutliche Unterschiede lassen sich festmachen: Die Gremien in den USA und Großbritannien treten häufiger zusammen als ihre Kollegen in Kontinental-Europa und sie setzen sich aus weniger Personen zusammen.
In der größeren Anzahl der Sitzungstermine und der geringeren Personenzahl sieht Schilling Vorteile für die Effizienz. Am wesentlichsten für die Qualität seien aber Qualifikation und Motivation der Teilnehmer: "Das ist eines der Hauptdefizite, dass die Leute oft gar nicht in der Lage sind das Geschäft zu beurteilen", erklärt Schilling.
Motivation wesentlich für effiziente Arbeit
Die gesetzlichen Regelungen in Deutschland und Österreich hält der Experte für ausreichend. "Gute Aufsichtsratsgremien entstehen nicht durch Zwang, sondern durch Ehrgeiz der Beteiligten". Ausschlaggebend dafür sei oft die Einstellung des Aufsichtsratsvorsitzenden, der die anderen Mitglieder des Gremiums "in die Pflicht nimmt", berichtet Schilling. "Er sollte den Aufsichtsrat zu einem Gremium machen, das sich wirklich ein eigenes Urteil bildet; das mit dem Vorstand zusammen arbeitet, aber auch die nötige Distanz bewahrt." Wesentlich ist daher auch die Unabhängigkeit der Aufsichtsräte vom Vorstand. Schilling führt Effizienzprüfungen durch und berät Aufsichtsgremien in ganz Europa, wie sie ihre Arbeit effektiver gestalten können. Aus Österreich gab es diesbezüglich bereits Anfragen - Aufträge sind bisher allerdings ausgeblieben.