Bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein, so das Ziel der Regierung. Fünf Bundesländer haben aber andere Pläne.
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Österreich soll nicht mehr Treibhausgase ausstoßen, als heimische Böden und Wälder von der Atmosphäre wieder aufnehmen können. Das ist das Ziel bis 2040, wie es im aktuellen Regierungsprogramm steht. Im ersten Schritt soll der heimische Strom bis 2030 ausschließlich aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden. Bis 2040 soll Österreich über alle Sektoren klimaneutral sein. Es ist ein ambitioniertes Ziel der Bundesregierung, das nur durch die Unterstützung der neun Bundesländer erreicht werden kann.
Doch wie steht es um die Energie- und Umweltpläne von Eisenstadt bis Bregenz?
Burgenland: Der Musterschüler
Das Burgenland bekennt sich zu den nationalen Umweltzielen, die eine Treibhausgas-Reduktion von 36 Prozent bis 2030 sowie von 90 Prozent bis 2050 vorsehen. Und das Bundesland geht sogar einen Schritt weiter. Bis 2030 soll es energieautark und klimaneutral werden. Im Dezember 2020 veröffentlichte die Landesregierung die zweite Auflage ihrer Klima- und Energiestrategie. Darin sind 75 Maßnahmen aufgelistet. Es gibt zehn verschiedene Bereiche, von der Energiegewinnung über den Verkehr bis zur Bewusstseinsbildung.
Bis 2025 soll der Pkw-Verkehr reduziert und das Angebot der Öffis verdichtet und ausgebaut werden. Zudem gibt es eine "Wärmestrategie", gemeinsam mit Energie Burgenland. Angeboten wird das Wärme-Abo "Pumpen Peter" mit zwei Paketen. Zum einen ein 12-kW-Paket für kleinere Haushalte ab 90 Euro pro Monat, zum anderen ein 16-kW-Paket für große Haushalte ab 100 Euro pro Monat. Inkludiert sind Energieberatung, Inbetriebnahme sowie Wartung für 15 Jahre und die Entsorgung des bisherigen Heizsystems. Derzeit sind im Burgenland noch 45.000 Öl- und Gasheizsysteme installiert, sie sollen bis 2030 durch klimafreundliche Alternativen ersetzt werden.
Bereits heute setzt das Burgenland auf erneuerbaren Strom, jedes dritte Windrad Österreichs steht in dem Bundesland. Zwischen 130 und 180 Prozent des Stromverbrauchs werden damit erzeugt. Dazu investiert die Energie Burgenland bis 2025 rund 233 Millionen Euro in Photovoltaikanlagen. Die Klimastrategie soll alle drei Jahre durch eine unabhängige Arbeitsgruppe evaluiert werden.
Kärnten: Keine verbindlichen Umweltziele
Kärntens Klimastrategie wurde 2018 veröffentlich, ohne jedoch über den Entwurf hinaus zu kommen. Es gibt daher keine verbindlichen Klimaziele in Österreichs südlichstem Bundesland. Der Entwurf dient aber als Basis für eine neue Strategie, die mit wissenschaftlicher Unterstützung gerade ausgearbeitet wird. Kärnten soll bis 2040 klimaneutral werden, lautet die Vorgabe. Anfang April trifft die Landesregierung zusammen, mit dem Ziel, diese neue Strategie auch zu beschließen.
Beschlossen wurden bereits ein Mobilitäts- und ein Energiemasterplan. So soll Kärntner Strom bis 2025, Kärntner Verkehr bis 2035 klimaneutral werden. Vor allem im Verkehr ist dieses Ziel sehr ambitioniert. Nur 4 Prozent der Wege werden mit dem Fahrrad, 6 Prozent mit den Öffis und 13 Prozent zu Fuß zurückgelegt. 77 Prozent fahren mit dem Auto. Damit weist Kärnten den höchsten Autoanteil und in den anderen Kategorien den jeweils niedrigsten Wert in ganz Österreich auf.
Laut Masterplan soll der Anteil der Öffis auf 20 Prozent und der Anteil der Radfahrer und Fußgänger auf 40 Prozent steigen. Der Autoverkehr soll auf 40 Prozent gesenkt werden. Wie die Verkehrswende gelingen soll, wird nicht dargelegt.
Laut dem Energie-Masterplan soll Kärnten im Bereich Wärme und Strom bis 2025 energieunabhängig von fossilen und atomaren Energieträgern werden. Auch hier werden keine Maßnahmen angeführt.
Niederösterreich: Das große Verkehrsproblem
Mehrere Ziele bis 2030 umfasst der niederösterreichische Klima- und Energiefahrplan, der im Juni 2019 vom Landtag beschlossen wurde. Die Eckpunkte sind die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 36 Prozent, die Strom-Erzeugung von 2.000 Gigawattstunden aus Photovoltaik und 7.000 Gigawattstunden aus Windkraft sowie die Versorgung von 30.000 neuen Haushalten mit grüner Wärme aus Biomasse. Das Thema Klimaneutralität wird im Fahrplan mit keinem Wort erwähnt.
Gefordert ist auch die Bevölkerung. Bis 2030 soll jeder fünfte Pkw elektrisch sein, bis 2040 soll jeder Niederösterreicher direkt oder indirekt an einer erneuerbaren Energieanlage beteiligt sein. Zudem soll die Bevölkerung bewusster mit dem Verbrauch von Energie umgehen. Um die Menschen beim Umstieg in Richtung Nachhaltigkeit zu unterstützen, wurde die Energieberatung Niederösterreich ins Leben gerufen. Das Ziel ist die Erreichung des Energieverbrauchs der 1990er Jahre.
Mit 43 Prozent liegt der höchste Emissionsanteil mit Abstand beim Verkehr. Es folgen Landwirtschaft (19 Prozent) und Gebäude (15 Prozent). Der Klimafahrplan sieht daher vielfältige Mobilitätsformen vor. Genannt werden Radverleihsystemen, E-Carsharing, Fahrgemeinschaften, Anrufsammeltaxis, automatisierten Fahrzeugen und ausgebaute Bus- und Bahnangeboten. Der Neubau von Straßen soll zudem in den Hintergrund treten. Jetzt fehlt nur noch die Umsetzung.
Oberösterreich: Umweltziele ohne Anspruch
27 Prozent beträgt der Anteil Oberösterreichs an den nationalen Treibhausgas-Emissionen. Es ist der höchste Anteil aller Bundesländer. Dahinter liegen Niederösterreich (23 Prozent) und die Steiermark (17 Prozent). Grund für den höchsten Anteil sind die Schwerindustrie und der Verkehr. Nachdem bereits 2007 eine nachhaltige Energiestrategie bis 2030 entwickelt wurde, wandte man sich im schwarz-blauen Regierungsprogramm 2015 davon wieder ab. Anstatt Raumwärme und Strom bis 2030 zur Gänze aus erneuerbarer Energie zu erzeugen, reduzierte man den Anspruch auf die Erreichung von nur noch 80 bis 97 Prozent.
Auch sonst zielt das Regierungsprogramm nicht auf vollständige Klimaneutralität ab, auch wenn man sich zu den Zielen des Bundes bekennt. So soll die Windkraft mehr Gewicht bekommen, allerdings sollen nur die bestehenden Anlagen erweitert und keine neuen gebaut werden.
Im Verkehrsbereich ist zwar von einem "Paradigmenwechsel" vom Auto zu den Öffis die Rede mit einer Weiterentwicklung der S-Bahn. Straßen seien laut Landesregierung aber weiterhin "die zentralen Lebensadern" von Oberösterreich. Auch der Linzer Flughafen soll attraktiver und aufgewertet werden, lautet die Forderung an den Bund. Das 2008 veröffentlichte Gesamtverkehrskonzept trifft keine Aussagen über den Zeitraum nach 2021.
Die Landesregierung setzt aber auf Photovoltaik. Die Sonnenstromerzeugung soll durch ein "200.000-Dächer-Programm" verzehnfacht werden, beim Neubau von Firmengebäuden wird eine Photovoltaik-Pflicht geprüft. Zudem spricht man sich für den Bau von Pumpspeicher-Kraftwerken aus, konkrete Projekte wurden aber nicht genannt.
Salzburg: Fehlstart und Unwetter
Salzburg spürte die Auswirkungen des Klimawandels im vergangenen Sommer sehr deutlich. Laut dem Katastrophenfonds des Landes entstand durch die verheerenden Unwetter ein Gesamtschaden in Höhe von 41,3 Millionen Euro. Ende 2018 beschloss die Landesregierung die Erarbeitung eines "Masterplan Klima und Energie 2030". In drei Schritten soll das Bundesland bis 2050 klimaneutral und energieautonom werden. Die Treibhausgas-Emissionen will man jährlich um 1.546 Kilotonnen CO2-Äquivalent reduzieren.
Bei der Umsetzung setzt Salzburg auf sogenannte Smart-Meter. Bis 2024 sollen 470.000 digitale Stromzähler die bestehenden analogen Zähler ersetzen, die meisten in der Stadt Salzburg. Die Kosten liegen bei 180 Millionen Euro. Mit den digitalen Zählern sollen Stromflüsse optimal gesteuert werden, die Kunden können unnötige Stromfresser leichter erkennen.
Die Ambitionen sind hoch, doch können sie auch erreicht werden? 30 Prozent der Treibhausgase hätten bis 2020 reduziert werden sollen, geworden sind es aber nur die Hälfte. Vor allem beim motorisierten Verkehr gab es kaum Bewegung. Nun sollen in den kommenden zehn Jahren 1,7 Milliarden Euro in die Öffis investiert werden. Auch die Elektromobilität wird forciert, in zehn Jahren soll jedes vierte Auto elektrisch sein.
Bei der Stromerzeugung will Salzburg die Photovoltaik versechsfachen, 25 Windräder aufstellen und die Wasserkraft ausbauen. In den kommenden zehn Jahren sollen zudem 26.000 der aktuell rund 45.000 Öl-Heizkessel aus den Haushalten verschwinden. Der Umstieg wird gefördert.
Steiermark: Ausstieg aus Erdgas
Wie sieht die Zukunft aus in einem Bundesland, das lebenswert sein soll und das Klima schützt? Mit dieser Frage sucht die Steiermark gerade 50 Menschen, die am Projekt "Klimaneuzeit-24h-Challenge" teilnehmen. Die als "Mini-Steiermark" genannte Gruppe soll möglichst divers sein und aus allen 13 Bezirken stammen. Gemeinsam mit Wissenschaftern werden dann ab März Visionen und Zukunftsbilder entwickelt. Sie sollen als Kompass für die politischen Entscheidungsträger bei der Umsetzung der steirischen Klima- und Energiestrategie 2030 wirken.
Der Anfang 2018 im Landtag beschlossene Aktionsplan sieht vier Ziele bis 2030 vor. Die Reduktion der Treibhausgase um 36 Prozent - Klimaneutralität bis 2050, die Steigerung der Energieeffizienz um 30 Prozent, die Erhöhung der Erneuerbaren auf 40 Prozent und die Gewährleistung von leistbarer Energie.
So soll die Steiermark aus Erdgas aussteigen, anstelle dieses fossilen Energieträgers soll die Integration saisonaler Wärmespeicher für solare Wärme in Fernwärmenetze treten. Zuletzt wurde in Mürzzuschlag eine Solargroßanlage eröffnet. Die Anlage hat 5.054 Quadratmeter Hochleistungskollektoren und ist nach jener in Graz-Puchstraße die zweitgrößte Österreichs. Sie versorgt rund 300 Wohnungen mit Fernwärme, ersetzt die Erdgas-Heizkessel im Sommer und spart rund tausend Tonnen CO2 pro Jahr. Weiters baut die Energie Steiermark im südsteirischen Gabersdorf eine Anlage zur Wasserstoffproduktion. Sonnenstrom und Biogas dienen als Quellen. Nach der Fertigstellung zum Jahresende 2022 sollen jährlich bis zu 300 Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden.
Weniger ambitioniert zeigt sich die Steiermark im Bereich Verkehr. Das Gesamtverkehrskonzept für die Steiermark stammt aus dem Jahr 2008.
Tirol: Umweltalbtraum Brenner
2,45 Millionen Lkw fuhren im Jahr 2021 auf der Brenner-Autobahn und durchquerten Tirol auf dieser Nord-Südroute über die Alpen, ein Drittel mehr als noch 2010. Der Schwerverkehr ist das Symbol der Tiroler Umweltproblematik. Zudem ist der Umwegtransit auf keinem anderen Alpenpass so hoch wie hier, schließlich gibt es entlang der Tiroler Straßenverbindung die niedrigsten Treibstoffpreise und die billigste Maut.
Im vergangenen Mai beschloss die Landesregierung eine Nachhaltigkeits- und Klimastrategie. Bis 2040 will das Bundesland klimaneutral sein, bis 2050 soll die Energieautonomie erreicht werden. Alle Gesetze, Verordnungen, Erlässe und Richtlinien sollen einem "Klimacheck" unterzogen werden. Zudem soll eine Gesellschaft für Erneuerbare Energien gegründet werden, ein Kompetenzzentrum mit dem landeseigenen Energieversorger Tiwag soll errichtet werden. Der Ausbau der Wasserkraft soll eine zentrale Rolle spielen.
Im Wohnbau setzt Tirol auf Solarstrom. Auf Dächern von Neubauten im Einflussbereich des Landes wie Sportanlagen, Bauhöfen bis hin zu Gemeindeämtern und Alten- und Pflegeheimen gibt es seit 1. Jänner 2022 bei Neubauten eine Photovoltaik-Pflicht.
Das letzte Verkehrsprogramm behandelte den Zeitraum bis 2020, mit wenig Erfolg. Im aktuellen Aktionsplan wird das Umweltproblem erkannt, auch, dass die Emissionen in diesem Bereich weiter steigen. Die klimaschädlichen Auswirkungen des Verkehrs müssten in sehr kurzer Zeit deutlich reduziert werden, heißt es. Konkrete Maßnahmen gibt es aber nicht.
Vorarlberg: Licht und Schatten
Bereits 2009 hat sich Vorarlberg zur Energieautonomie bis 2050 bekannt. Seit 2015 verfügt es auch über eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel, die in jährlichen Aktionsplänen angepasst wird. Auch beim Ökostromanteil ist das Bundesland Vorreiter, der Anteil von erneuerbaren Energien liegt bei 100 Prozent. In anderen Bereichen gibt es weniger Klarheit, vor allem im Verkehr. Aushängeschild des mobilen Schlingerkurses ist die seit über 50 Jahren geplante Bodensee-Schnellstraße S18. Immer wieder werden Pläne gewälzt, um sie schließlich wieder zu verwerfen. Ob sie gebaut wird, ist nach wie vor unklar.
Aktuell liegt der Anteil der mit dem Auto zurückgelegten Wege in Vorarlberg bei 41 Prozent, während auf das Fahrrad 16 Prozent und auf den öffentlichen Verkehr 14 Prozent entfallen. Zu Fuß werden 18 Prozent der Wege zurückgelegt. Bis 2030 sollen sich diese Anteile deutlich verschieben: Während der Pkw-Anteil auf 34 Prozent sinken soll, ist beim Fahrrad ein Anstieg auf 21 Prozent sowie beim öffentlichen Verkehr auf 16 Prozent vorgesehen.
Im Mai 2021 legte die Landesregierung drei Hauptziele fest, um das Ziel Energieautonomie zu erreichen: So soll bis 2030 mindestens die Hälfte der Energie aus erneuerbaren Trägern stammen, die Treibhausgas-Emission soll verglichen mit 2005 nur noch 50 Prozent ausmachen und Strom soll zur Gänze aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden. Auch die Anzahl der aktuell rund 27.000 Ölkessel soll halbiert werden, während die Fernwärmeversorgung verdoppelt wird. Weiters setzt Vorarlberg auf den Ausbau von Photovoltaikanlagen. Die Klimaneutralität bis 2040 ist kein Ziel der Landesregierung.
Wien: Fokus auf Energie, Schweigen über Verkehr
Die Bundeshauptstadt ist über ihre Grenzen bekannt für ihr dichtes Öffi-Netzwerk zum Tarif von 365 Euro im Jahr. Mit 20 Megawattstunden pro Person hat Wien auch den geringsten Energieverbrauch in ganz Österreich. Gleichzeitig forciert die aktuelle Stadtregierung den Ausbau von mehrspurigen Straßen, wie etwa der vierspurigen Stadtstraße in Donaustadt. Klimaschützer, die an Ort und Stelle gegen das Projekt protestierten, wurden von der Polizei entfernt und mit Anzeigen bedroht. Zuletzt wurde ein Klimafahrplan präsentiert, mit dem Ziel, die Stadt bis 2040 klimaneutral zu machen.
Im Fokus stehen dabei alternative Energieformen und Abfallvermeidung, über 100 Maßnahmen werden skizziert. So soll der Energieverbrauch für Heizen, Kühlen und Warmwasser in Gebäuden pro Kopf bis 2040 um 30 Prozent sinken, die damit verbundenen CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent und bis 2040 auf null.
Teil des Plans ist auch der Ausbau von Fernwärme und die Nutzung der Geothermie. In der Kläranlage Simmering soll zudem eine Wärmepumpe gebaut werden, die Energie für mehr als 100.000 Haushalte liefert. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Förderung von Solaranlagen für Private. Künftig brauchen kleine Anlagen mit einer Engpassleistung bis maximal 15 Kilowatt keine Genehmigung mehr. Im Neubaubereich ist nur mehr die Versorgung mit erneuerbaren Energieträgern oder mit Fernwärme erlaubt und Gasthermen sind ab 2040 nicht mehr vorgesehen.
Auch der Abfall soll reduziert werden. Die Recyclingquote wird Schritt für Schritt angehoben, bis sie 2050 100 Prozent beträgt.
Das Thema Straße wird kaum berührt, es ist kein Ausbau oder Neubau von Fußgängerzonen vorgesehen. Bis 2025 soll jedoch der Umbau der Wiener Taxiflotte auf E-Mobilität erfolgen.