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Wie korrupt ist Österreich?

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Experte Sickinger: "Österreich war früher unverdient so weit oben im Ranking."


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Wien. "Österreich wird immer korrupter", titelte vor einem Jahr ein Boulevardblatt, als die Republik im internationalen Korruptionsindex von Transparency International (TI) vom 16. auf den 25. Platz abrutschte. Diesmal wurde es sogar nur noch Platz 26, was nun sogar die APA zu dem Meldungs-Titel bewog: "Österreich immer korrupter". Aber wie korrupt ist das Land wirklich?

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass TI nicht die Korruption selbst misst, sondern die Wahrnehmung von Korruption. Das Ranking beruht auf Länderanalysen durch Unternehmensberater, NGOs und Managerumfragen. Dabei geht es einerseits um die Einschätzung der Bestechlichkeit im öffentlichen Sektor, andererseits um die Einschätzung, was dagegen getan wird. Wahrgenommen wird zweifellos viel - seit Jahren beherrschen tatsächliche oder vermeintliche Korruptionsaffären rund um heimische Spitzenpolitiker die Medienberichterstattung.

Aber ist die Korruption mehr geworden, weil mehr Fälle vor Gericht landen? Wohl kaum. Vielmehr war Österreich früher "unverdient so weit oben" im Ranking, sagt Politikwissenschafter Hubert Sickinger, Mitglied des Beirats von Transparency Österreich. Bestätigt sieht Sickinger den Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) durch Eurobarometer-Umfragen, wo sich in der Wahrnehmung der Bevölkerung ein ähnliches Bild zeigt: In Sachen Korruption liegen in der EU nur die osteuropäischen und Mittelmeerländer hinter Österreich.

Die Politik hat auf die Skandale - ob Scheuch, Strasser oder Telekom - reagiert und etwa die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegründet und das Korruptionsstrafrecht und das Parteiengesetz verschärft. Auch Unternehmen geben sich Compliance-Regeln. Allerdings gibt es noch einiges zu tun. So kritisiert TI, dass Staatsanwälte gerade bei prominenten Fällen nach wie vor weisungsgebunden sind. Auch seien fehlende Transparenz und das Amtsgeheimnis ein "Hindernis für Korruptionsprävention und -kontrolle". Letztlich vermisst die NGO Regelungen zum Schutz von Whistleblowern. Zwar gebe es mittlerweile eine Plattform bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft, gerade in der Privatwirtschaft würden Tippgeber aber zu wenig geschützt. Was die Compliance-Regeln von Unternehmen angeht, so verweist Sickinger darauf, dass das vor allem bei international tätigen Firmen der Fall sei, dieser Trend "ist in der mittelständischen Wirtschaft aber noch lange nicht angekommen".

Rankingplatzierung wird sich mittelfristig verbessern

Für den Experten wird es auch davon abhängen, wie sehr die künftige Regierung sich der Sache annimmt. So harrt ein Informationsfreiheitsgesetz immer noch seiner Umsetzung. Dass sich die bereits gesetzten Maßnahmen noch nicht im CPI niedergeschlagen haben, verwundert Sickinger nicht. Deutschland sei in dem Ranking ein Jahrzehnt lang hinter Österreich gelegen - eine Folge der Spendenaffäre um Altkanzler Helmut Kohl. "Mittelfristig" werde sich auch Österreich wieder verbessern, glaubt er. Allerdings sei in Deutschland einiges in dem Bereich passiert, beim Ausbau der Staatsanwaltschaft etwa hinke Österreich "15 Jahre nach".

An der Spitze des CPI liegen mit 91 von 100 Punkten Dänemark und Neuseeland. Gerade einmal acht Punkte erreichten die Schlusslichter Afghanistan, Nordkorea und Somalia. Österreich hat wie im Vorjahr 69 Punkte, neun weniger als Deutschland, das auf Platz 12 liegt. Korruptestes Land in der EU bleibt Griechenland, das sich mit China Platz 80 teilt. Für Athen bedeutet das allerdings eine Verbesserung um 16 Plätze.

Zehn Plätze verloren hat hingegen Spanien, wo ein konservativer Spitzenpolitiker und der Schwiegersohn des Königs in aufsehenerregende Korruptionsfälle verwickelt sind.