Entsetzen über das Ausmaß der Zerstörungen. | Hisbollah muss sich auf wachsende Proteste einstellen. | Beirut. (dpa) Zwei Wochen nach dem ersten israelischen Luftangriff sind viele Libanesen entsetzt über das Ausmaß der Verwüstung in den Dörfern und Städten des Südens und in den schiitischen Vororten von Beirut. 390 Menschen sind bisher ums Leben gekommen, die überwältigende Mehrheit von ihnen Zivilisten.
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Der Flughafen von Beirut, zahlreiche Brücken, Fabriken und Wohnhäuser wurden in Schutt und Asche gelegt. Rund 700.000 Menschen haben aus Angst vor den Luftangriffen ihre Häuser verlassen.
Doch die pro-iranische Hisbollah-Miliz, die den Israelis mit der Verschleppung von zwei Soldaten den Anlass für ihre Militäroffensive geliefert hatte, feuert immer noch täglich Raketen auf Ziele in Nordisrael ab. Die israelischen Bodentruppen kommen bei ihrem Vormarsch im Südlibanon zwar voran, aber nur sehr langsam.
Die Hisbollah hat sich zum Ziel gesetzt, die zwei Soldaten so lange nicht freizulassen, bis sie über Vermittler eine Waffenruhe und einen Gefangenenaustausch mit Israel erreicht hat. Sie sieht in den erbitterten Gefechten nahe der Grenze einen Beweis dafür, dass der "jüdische Staat" seine Ziele im Libanon - Befreiung der Soldaten, Zerstörung der militärischen Infrastruktur der Hisbollah und Einrichtung einer Pufferzone im Südlibanon - trotz der großen technologischen Überlegenheit seiner Armee nicht erreichen wird.
"Die israelische Armee hat ein Informationsdefizit. Da sie im Libanon nicht viele militärisch relevante Ziele kennt, die sie bombardieren kann, greift sie zivile Ziele an oder Gebäude, in denen die Hisbollah Büros hat", sagt Hussein al-Nabulsi, ein Sprecher der Hisbollah in Beirut. Die Kämpfe der vergangenen Tage hätten gezeigt, dass die Schlagkraft der Hisbollah heute weitaus größer sei als 1982, als die israelische Armee in Beirut einmarschiert war.
Trotz der Überlegenheit seiner Luftwaffe sei es Israel bisher nicht gelungen, die Raketenwerfer der Hisbollah zu zerstören.
Doch bei allem Kämpferstolz und aller Kriegspropaganda muss sich die Hisbollah auch auf wachsende Proteste aus der eigenen Bevölkerung einstellen. Denn spätestens wenn den Vertriebenen das Geld ausgeht und die Versorgungslage im Süden noch schlechter wird, stellt sich für viele Libanesen die Frage, ob der Preis, den die Zivilbevölkerung zahlt, nicht zu hoch ist. "Wie lange wird es wohl noch dauern?", ist die bange Frage, die in Beirut an jeder Straßenecke diskutiert wird.
Die zweite Frage, die sich hier jeder stellt ist: "Wird die Hisbollah mit ihren Raketen auch Tel Aviv angreifen?" Denn für den Fall, dass Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah dies gemeint haben sollte, als er "Überraschungen" ankündigte, rechnet man in Beirut damit, dass Israel auch die Viertel der libanesischen Hauptstadt bombardieren wird, die bis dato verschont geblieben sind.