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Wie man als Volk aufbegehrt

Von Martina Madner

Politik
Ab 1. Oktober kann man drei Volksbegehren unterzeichnen.
© Unsplash, Luther Bottrill, Rene Bohmer, Ajeet Mestry

Die Eintragungswoche der Begehren für Frauen, Don‘t Smoke, gegen ORF-Gebühren beginnt am Montag.


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Wien. Direkt an der Demokratie mitwirken? Das ist Anfang Oktober bei drei Volksbegehren möglich: Unter dem Titel "Don’t smoke", das von der Ärztekammer und der Krebshilfe initiiert wurde, geht es um stärkeren Nichtraucherschutz und ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie. Das wäre nach einer Gesetzes-Novelle von 2015 ab Mai 2018 geplant gewesen - und wurde von der ÖVP-FPÖ-Regierung gekippt.

Macht, Geld und Arbeit gerechter verteilen - das will das "Frauen*Volksbegehren" erreiche. Zum Beispiel wird gefordert: die Hälfte der Plätze an Entscheidungstischen in Wirtschaft und Politik für Frauen oder eine Vergabe von Fördergeldern nur an Betriebe, die Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern setzen; auch eine bessere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, Armutsbekämpfung und mehr Gewaltschutz.

Das dritte im Bunde ist das Volksbegehren zu "ORF ohne Zwangsgebühren". 2017 war das aus "rechtlichen Gründen" abgewiesen worden. Neben den Gebühren soll die "parteipolitische Einflussnahme auf die Organe des ORF" abgeschafft werden. Bevollmächtigter dieses Volksbegehrens ist Rudolf Gehring, Bundesparteiobmann der Christlichen Partei Österreichs.

Die Eintragungswoche aller drei Volksbegehren findet nun vom 1. bis 8. Oktober statt. Wer kann also wie und wann genau unterzeichnen? Und welche Auswirkungen hat das?

  • Alle im Wählerregister können unterzeichnen

Volksbegehren unterzeichnen können alle, die am letzten Tag des Eintragungszeitraums, dieses Mal also dem 8. Oktober, das Wahlrecht zum Nationalrat besitzen. Voraussetzung dafür ist die österreichische Staatsbürgerschaft, dass man spätestens an diesem Tag 16 Jahre alt wird und nicht wegen einer gerichtlichen Verurteilung vom Wahlrecht ausgeschlossen ist. Insgesamt haben damit rund 6,4 Millionen die Möglichkeit teilzunehmen.

Bis Ende vergangenen Jahres konnte man Volksbegehren nur unterzeichnen, wenn man in Österreich gemeldet war. Das ist seit Jänner 2018 anders: Nun sind es alle Wahlberechtigten, auch jene rund 61.000, die im Ausland leben - online, denn an Botschaften ist es nicht möglich.

  • Unterstützungserklärung ist zugleich Unterschrift

Schon im Frühling haben genau 591.146 ihre Unterstützung für das "Don’t smoke"-Volksbegehren erklärt. Die Anliegen des Frauenvolksbegehrens haben 247.436 Personen mit ihrer Unterschrift bekräftigt. Beim Volksbegehren gegen die ORF-Gebühren soll es 69.100 Personen Unterstützer gegeben haben. Unterstützungserklärungen werden genauso wie die Unterschrift während der Eintragungswoche für das jeweilige Volksbegehren gezählt. Eine zweite Unterschrift ist nicht notwendig - und auch nicht möglich.

  • Es gibt keinen Zugriff auf die Unterschriften

Damit kein Volksbegehren doppelt unterzeichnet wird, wird jede Unterstützungserklärung elektronisch gespeichert. Aber weder das Innenministerium, noch Gemeinden haben das Recht, einzusehen, wer unterzeichnet hat. Die Initiatoren erfahren nur, wie viele Personen aus welcher Region für "ihr" Volksbegehren unterzeichnet haben.

  • In jeder Gemeinde, nicht nur jener des Wohnorts

Möchte man seine Unterschrift persönlich leisten, kann man das in jedem beliebigen Eintragungslokal machen - und nicht nur in jenem des Wohnortes. Jede Gemeinde und jeder Bezirk in Wien hat im achttägigen Eintragungszeitraum zumindest ein Lokal dafür zur Verfügung zu stellen. Mitbringen muss man einen amtlichen Lichtbildausweis, wie zum Beispiel einen Reisepass oder Führerschein.

Ist der Weg in ein Eintragungslokal aus Krankheits-, Alters- oder anderen Gründen unmöglich, kann man auf Wunsch auch von einer "mobilen Eintragungsbehörde" besucht werden. Dafür muss man einen Termin mit der Gemeinde vereinbaren.

  • Es gibt verpflichtende Öffnungszeiten für Lokale

Von Montag bis Freitag müssen die Eintragungslokale zumindest von 8 bis 16 Uhr offen halten, an zwei Werktagen zusätzlich bis 20 Uhr. An Samstagen müssen größere Gemeinden jedenfalls von 8 bis 12 Uhr, jene mit weniger als 2500 Einwohnern in diesem Zeitraum zumindest zwei Stunden geöffnet haben. An Sonntagen dürfen die Eintragungslokale geschlossen bleiben. Jene in Wien werden am Sonntag von 8 bis 13 offen halten, aber auch im 830 Einwohner großen Silbertal kann man an diesem Tag von 8 bis 10 ein Volksbegehren unterzeichnen.

  • Rund um die Uhr online unterzeichnen

Alternativ zum Weg in eines der Eintragungslokale können Volksbegehren online mit der Handy-Signatur, die bereits mehr als eine Million Personen nutzen, oder der zur Bürgerkarte erweiterten E-Card, die rund 100.000 ihr Eigen nennen, unterzeichnet werden. Über die Startseite von help.gv.at geht es direkt zum passenden Link zum Einloggen des Innenministeriums.

Da es während der Sammlung der Unterstützungserklärung mehrmals zu technischen Problemen kam, gibt es zu ebensolchen aber auch organisatorischen Fragen nun bis zum Ende des Eintragungszeitraums unter der Telefonnummer 0800/20 22 20 eine Hotline.

  • Der Weg zu Handysignatur und Bürgerkarte

Bei der Handy-Signatur ist das Mobiltelefon eine Art virtueller Ausweis. Die Signatur ist genauso rechtsgültig wie die Unterschrift per Hand, der Weg zum Amt ist also nicht mehr notwendig.

Alle Informationen zur Handysignatur erhält man unter anderem auf help.gv.at. Auf der Homepage sind auch alle Online- und Offline-Registrierstellen für Handysignatur und die Erweiterung der E-Card zur Bürgerkarte angeführt - darunter sind einige Banken, aber auch Bezirkshauptmannschaften genauso wie Finanzämter. Die Aktivierung ist kostenlos, man benötigt einen Ausweis.

  • Was bei 100.000, was bei 900.000 passiert

Volksbegehren müssen im Nationalrat behandelt werden, sofern sie von mindestens 100.000 Stimmberechtigten oder von je einem Sechstel dieser in drei Bundesländern unterschrieben werden. Bei "Don‘t smoke" und dem "Frauen*Volksbegehren" ist das bereits der Fall, beim ORF-Volksbegehren noch nicht.

Rechtlich bindend sind Volksbegehren nach wie vor nicht. Die Regierung hat zwar in ihrem Programm angekündigt, das ändern zu wollen - allerdings erst 2022: Demnach wäre eine Volksabstimmung über Volksbegehren, die in Form eines verfassungs-, völker und europarechtskonformen Gesetzesantrags geschrieben und von mehr als 900.000 unterzeichnet wurden, geplant - nach einem Jahr, sofern sie das Parlament nicht davor mit Zweidrittelmehrheit beschließt. Der Nationalrat könnte einen Gegenvorschlag zur Abstimmung einbringen.