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Wie man die Inflation noch weiter ankurbelt

Von Andreas Kubin

Gastkommentare
Andreas Kubin ist seit drei Jahrzehnten spezialisiert auf internationale Finanzmärkte, Wirtschaftspolitik sowie Fundamentalanalysen über börsennotierte Unternehmen und Privatinvestor. Er war 25 Jahre Beamter im Staatsdienst und etwa 15 Jahre in der Privatwirtschaft tätig.
© privat

Die EZB müsste die Leitzinsen stark erhöhen und die Geldmenge reduzieren.


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Was kennzeichnet jede Inflation? Es ist zu viel Geld im Umlauf. Was kennzeichnet eine starke Inflation? Es ist exorbitant zu viel Geld im Umlauf. Der "Konsolidierte Ausweis des Eurosystems" wirft per 26. August nach wie vor schwindelerregende Aktiva und Passiva des Eurosystems von 8,75 Billionen Euro aus, sehr nahe am Allzeit-Rekord. Im Oktober 2008 waren es "nur" 1,51 Billionen Euro. Dem Markt wird also nach wie vor nicht Liquidität entzogen, im Gegenteil. Das "inflare" der Bilanzsummen schreitet munter voran. Jetzt gäbe es zwei Werkzeuge zum Drücken der Inflation:
- die umlaufende Geldmenge senken;
- oder eine signifikante Erhöhung der Leitzinsen im Euroraum.
Beides wäre unter normalen Umständen keine unüberwindbare Hürde, wären da nicht einige Imponderabilien.

Die Fed hat wesentlich mehr Spielraum als die EZB bei der Leitzinserhöhung, da die US-Zentralbank nicht fürchten muss, dass deshalb einzelne Bundesstaaten pleitegehen würden. Europas Staaten hingegen sind hoch verschuldet: Griechenland mit 189,3 Prozent des BIP, Italien mit 152,6 Prozent, Portugal mit 127 Prozent, Österreich mit immerhin 84,1 Prozent. Laut manchen Experten ist die Rückzahlung ab 80 bis 90 Prozent nicht mehr zu stemmen.

Rückblickend sehen wir, beginnend mit der Finanzkrise 2007/ 2008, gewaltige Bilanzsummenanstiege der Fed von damals 870 Milliarden Dollar auf 8,83 Billionen Dollar Ende August 2022 - also eine Verzehnfachung. Die bereits angedachte neuerliche Leitzinserhöhung der Fed für heuer auf bis zu 4 Prozent wird den Außenwert des Euro weiter schwächen und ihn noch stärker unter Druck setzen, da das "smart money" immer dorthin zieht, wo die größten Zinszuwächse zu erwarten sind.

Gleichzeitig werden in Europa Entlastungspakete gegen die Teuerung geschnürt - im Grunde "Helikoptergeld", wie es Milton Friedman einst genannt hat. Diesen zitierte der seinerzeitige Fed-Chef Ben Bernanke in einer Diskussion über hypothetische Möglichkeiten zur Bekämpfung der Deflation. Die extreme Taktik einer breit angelegten Steuersenkung in Verbindung mit einer Geldschöpfung durch die Zentralbank zur Finanzierung der Senkung wäre, als würde man das Geld aus dem Hubschrauber abwerfen. Wohlgemerkt, es ging dabei um eine Deflation. Aber "Helikoptergeld" zur Inflationsbekämpfung? Viele finanzpolitische Akteure haben offenbar wenig Ahnung von den negativen Auswirkungen bei bald zweistelligen Inflationsraten.

Eine bereits galoppierende Inflation (Aufblähung der Geldmenge) lässt sich definitiv nicht bekämpfen, indem man noch mehr Geld in Umlauf bringt. Und sie lässt sich auch nicht mit zu niedrigen Leitzinsen bekämpfen. Genauso wenig, wie man (Staats-)Schulden mit weiteren, noch höheren Schulden bekämpfen kann. Im Gegenteil braucht es viel höhere Leitzinsen (9 bis 10 Prozent) und eine starke Reduzierung der umlaufende Geldmenge sowie der breit gefächerten EZB-Programme, die weiteres Geld in Umlauf bringen. 

Freilich bedeuten höhere Leitzinsen eine Gefahr für private Hypothekarkredite. Die lange Zeit laschen Kreditvergaberegeln und niedrigen Zinssätze haben dafür gesorgt, dass diese nun auch viele Menschen haben, die sich das eigentlich nicht leisten können.