Zum Hauptinhalt springen

Wie man einen Bullen tötet

Von Hermann Sileitsch

Kommentare

Für Tierschützer ist es ein sinnloses Schlachten, Befürworter sehen darin ein Spektakel von archaischer Ästhetik. So oder so: Stierkampf wird wohl innerhalb der nächsten Generation aussterben. Bullentöten ist unvereinbar mit dem Zeitgeist.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bullen als Symbol für steigende Kurse. Anfang 2011 konstituiert sich der Europäische Rat für Systemrisiken. Dieses - im Wesentlichen mit Zentralbankern besetzte - Gremium soll globale Risiken, die sich in der Weltwirtschaft aufbauen, im Blick haben. Damit Krisen in der Zukunft vermieden werden können, wird ein kompetenter Mahner allerdings nicht ausreichen. Dann wird es darauf ankommen, ob es gelingt, Spekulationsblasen nicht nur zu identifizieren, sondern auch wirkungsvoll zu bekämpfen - und das möglichst frühzeitig.

Genau das wird nicht passieren. Es würde nämlich bedeuten, dass im Ernstfall ein Bullenmarkt knallhart abgestochen werden müsste. Wer wagt es wirklich, mit massiven gesetzlichen oder regulatorischen Einschnitten die Luft aus einem boomenden Marktsegment zu lassen? Wer stellt sich gegen die Interessen aller Lobbys und Marktakteure?

Und noch ein zweites Problem: Angenommen, der Rat für Systemrisiken hätte - sagen wir schon 2006 - die bedrohliche Blase bei US-Immobilienkrediten und den darauf basierenden Finanzprodukten erkannt: Wäre nicht die Warnung selbst - als selbsterfüllende Prophezeiung - zum Funken geworden und der Feuerball vielleicht noch rasanter durch die weltweiten Bankbilanzen gerast?

Wenns hart auf hart geht, wird es an politischer Courage und Durchsetzungsfähigkeit mangeln, um Boommärkte wirkungsvoll zu bekämpfen. Bullenschlachten ist eben schwer aus der Mode.