Orientierung an Wirtschaftsdaten. | Kostendisziplin als Herausforderung. | Wien. Zuerst Regierungsverhandlungen, dann Budgeterstellung: Das ist die übliche Vorgangsweise nach einer Nationalratswahl. Eine gute Gelegenheit also, um sich zu fragen, wie ein Budget entsteht.
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Am Anfang steht die Frage nach der Wirtschaftsentwicklung. Diese beeinflusst sowohl Einnahmen als auch Ausgaben des Budgets maßgeblich, weshalb den makroökonomischen Annahmen besondere Bedeutung zukommt: Wirtschaftswachstum, Inflation, Arbeitslosenrate, Entwicklung von Beschäftigten sowie der Lohn- und Gehaltssumme sind wesentliche Parameter für die Budgeterstellung. Ist dies geklärt, folgt die Schätzung der Einnahmen: Die Frage nach den überhaupt zur Verfügung stehenden Ressourcen ist die notwendige Basis für die Behandlung der Ausgaben. Das Finanzministerium (BMF) erstellt daher eine Schätzung der Einnahmen für die einzelnen Jahre der kommenden Legislaturperiode, wobei die bestehende Rechtssituation zugrunde gelegt wird. Hier ist es wichtig, realistisch vorzugehen und keine falschen Hoffnungen durch zu optimistische Annahmen zu treffen. Die würden dann im Budgetvollzug jede Menge Probleme schaffen und die Glaubwürdigkeit des BMF untergraben.
Den voraussichtlichen Einnahmen stellt dann das BMF die absehbare Entwicklung der Ausgaben unter der Annahme gegenüber, dass alles so bleibt, wie es ist. Also keine neuen Ausgabenprogramme, aber auch keine Sparmaßnahmen.
Kuchenstücke
Das Ergebnis der Schätzung von Einnahmen und Ausgaben ist ein Budgetsaldo, der eine bestimmte Entwicklung aufweist, die von der Politik beurteilt werden muss. Es ist zu entscheiden, ob das (meist) sich ergebende Defizit auch im Hinblick auf die EU-Standards akzeptabel oder doch zu hoch ist. In letzterem Fall ist es notwendig, gegenzusteuern, also durch ausgaben- oder einnahmenseitige Maßnahmen das Defizit auf einen akzeptablen Wert zurückzuführen (vielleicht künftig auch einmal einen Überschuss zu erreichen).
Diese mit Maßnahmen angereicherte Budgetprognose wird sodann im BMF auf die einzelnen Ministerien und Obersten Organe heruntergebrochen. Es werden für jedes Ressort globale Beträge auf der Einnahmen- und Ausgabenseite definiert (im Fachjargon: Kuchenstücke). Diese werden den Ressorts vom BMF mitgeteilt und führen dort regelmäßig zu besonderer "Freude", weil sie eben nur dann erreichbar sind, wenn auch in den Ministerien gegensteuernde Maßnahmen ergriffen werden.
Auf Basis dieser Ressortbeträge und der meist deutlich darüber hinausgehenden Wünsche der Ministerien werden Budgetverhandlungen auf Ministerebene geführt. Diese finden - im Unterschied zu früheren Jahrzehnten, wo mit jeweils großen Delegationen lange um jedes Detail gefeilscht wurde - konzentriert in wenigen Stunden pro Ressort und in kleinem Kreis statt. Die Diskussionen konzentrieren sich auf die Globalbeträge und die zu ihrer Einhaltung nötigen Maßnahmen sowie auf die prioritären Wünsche der Ressorts.
Die Würfel sind gefallen
Die Budgetverhandlungen führen entweder direkt zu einem Ergebnis oder werden zeitnahe von der Regierungsspitze entschieden. Damit sind in der Praxis die entscheidenden Würfel gefallen. Denn soweit sich eine Regierung auf eine Parlamentsmehrheit stützen kann (dies ist bei uns traditionell der Fall), wird das Budget im Hohen Haus nur noch marginal verändert.
Nach Festlegung der globalen Beträge und der begleitend dazu vereinbarten Maßnahmen und Prioritäten werden die Globalbeträge auf die einzelnen budgetären Detailpositionen aufgeteilt. Wegen der Budgetdisziplin ist besonders darauf zu achten, dass die gesetzlichen und vertraglichen Pflichten des Bundes jedenfalls ausreichend dotiert werden und der verbleibende Rest dann für gestaltbare Ermessensausgaben zur Verfügung steht.
Ist das Budget einmal beschlossen, kommt der zweite, mindestens ebenso schwierige Teil der Übung, nämlich die tatsächliche Einhaltung des Budgetrahmens der einzelnen Ressorts. Aber das ist eine andere Geschichte.
Gerhard Steger ist Fachbuchautor und Sektionschef im Finanzministerium.