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Wie man Elefanten vor Zügen schützt

Von Monika Jonasch

Wirtschaft
Damit Elefanten nicht mit Zügen kollidieren, wird eine Bahnstrecke in Bangladesh mit Tiroler Know-how ausgestattet.
© Norris Dodd on behalf of ADB

Ingenieure aus Hall in Tirol entwickeln ein System, das Dickhäuter in Bangladesch bei der Querung einer neuen Zugstrecke schützen soll.


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Klingt eigenartig, ist aber eine wahre Geschichte: Bauingenieure aus Tirol wurden beauftragt, in Südostasien eine Bahnstrecke so zu sichern, dass die dort beheimateten Elefanten, die vom Aussterben bedroht sind, nicht mit Zügen kollidieren.

Die Bernard Gruppe ist ein eigentümergeführtes Unternehmen aus Hall in Tirol, das sich auf maßgeschneiderte Ingenieurdienstleistungen spezialisiert hat. Mit Niederlassungen in Österreich, Deutschland und sechs weiteren Ländern sowie diversen Spezialunternehmen in aller Welt kümmert sich die Gruppe um Projekte wie Kraftwerksplanung und Sanierung von Pipelines, Verkehrsdatenerhebung mittels Künstlicher Intelligenz, Tunnelbau - wie beim Brennerbasistunnel - oder Parkleitsysteme, und eben die Planung von Schienenanlagen.

Von Tirol bis Bangladesh - Technik für Tierschutz

Wie kommt nun aber ein Tiroler Unternehmen zu einem Auftrag in Bangladesch, der von der Asian Development Bank (ADB) finanziert wird?

Im Interview mit der "Wiener Zeitung" erläutert Martin Kraft-Fish, Leiter des Bereichs Internationale Projekte der Bernard Gruppe: "Das Projekt wurde öffentlich ausgeschrieben, und nach einem zweistufigen Verfahren wurde die Bernard Gruppe ausgewählt. Da wir ein anderes Projekt in Myanmar direkt mit der ADB und ein weiteres ADB-finanziertes Projekt in Afghanistan haben und die Bank als Kunden wirklich schätzen, verfolgen wir deren Ausschreibungen und nehmen öfters daran teil."

Noch wird intensiv geforscht, welche Technologie auf der Eisenbahnstrecke zwischen Dohazari und Cox’s Bazaar zur Anwendung kommt, wo Studien zufolge mehrere Elefantenrouten queren. Immerhin wird der gesamte Zugverkehr in Bangladesch bislang - anders als hierzulande üblich - ohne automatisiertes Signalisierungssystem betrieben. Somit werden die Tiroler Ingenieure den technischen Fortschritt im Land erheblich vorantreiben.

Kreative Lösungen -aber bitte nicht stören

Aber wie soll dieses System eigentlich funktionieren? "Hier ist unsere Kreativität gefordert. Unsere bisherigen Forschungen zeigen, dass der Schwerpunkt auf thermischen Kameras sowie seismischen Sensoren liegen wird. Weitere Betrachtungen inkludieren optische, lichtbasierte, Schall-, Infraschall- und Ultraschall-Sensoren. Wir werden etwa fünf Systeme testen, welche entweder auf den Zügen oder neben der Bahnstrecke montiert sind", erläutert Kraft-Fish.

Ob die Elefanten selbst auch mit Sendern versehen werden, ist noch nicht ganz klar. Radio-Frequenz- oder GPS-Tracker für sie wurden zwar schon überlegt, aber, so der Experte: "Obwohl diese Lösung genauere Ortungen der Elefanten ermöglichen würde, wäre sie unpraktisch. Jeden Elefanten zu taggen, wäre ein größerer Eingriff in das Leben der Tiere. Zudem ist die Lösung langfristig unpraktisch, weil Probleme mit den Sensoren weitere Störungen der Elefanten bedeuten würden und auch ihr Nachwuchs ständig neu zu identifizieren wäre."

Da die Bahnstrecke derzeit noch gebaut wird, probieren die Ingenieure der Bernard Gruppe ihre Lösungsideen noch auf einer Teststrecke aus. Teil ihrer Arbeit wird es auch sein, die Signaltechnik auf der Strecke zu konzipieren, um damit auch die, durch die Sensoren ausgelösten, Bremsmanöver automatisch einleiten zu können.

Selbst in Corona-Zeiten wird jedenfalls intensiv zwischen Europa und Asien zusammengearbeitet. Immerhin erfolgte der Auftrag für das Projekt ebenfalls mitten in der Pandemie, im August 2020. Die Bahnstrecke, auf der das System implementiert wird, ebenso wie das Sensor- und Signalsystem, soll jedenfalls bis Mitte 2022 fertig sein.

Mit den pandemiebedingten Einschränkungen hat das Tiroler Ingenieursunternehmen gelernt umzugehen. Die Planung erfolgt zu einem großen Teil in Home Offices rund um den Globus, und Videokonferenzen gehören ohnehin bereits zum selbstverständlichen Teil des Alltags zwischen Österreich und Asien.

Energie, autonomes Fahrenund Künstliche Intelligenz

Für die Zukunft fühlen sich die Tiroler Ingenieure jedenfalls gerüstet. "Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung und interdisziplinären Tätigkeiten wachsen wir stark im Bereich Netzausbau, einer notwendigen Säule der Energiewende. Bezüglich der Mobilität der Zukunft widmen wir uns den Grundlagen zum Autonomen Fahren. Unser Ziel ist es dabei, nachhaltige, umweltorientierte und innovative Lösungen umzusetzen. Und im Geschäftsfeld Industrie beschäftigen wir uns mit den Themen Internet of Things und Künstliche Intelligenz", skizziert CTO Stefan Schwarz die weiteren Pläne der Gruppe.