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Wie man Millionen Jobs schafft

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Die schlechte Nachricht: Europas Arbeitslosigkeit steigt und steigt und steigt. Die gute Nachricht: Das Problem wäre relativ leicht lösbar, wenn . . .


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Für die schlichteren Gemüter ist völlig klar, warum die Arbeitslosenrate in der EU mit fast 11 Prozent die höchste seit 15 Jahren ist: Menschenverachtender Neoliberalismus, herzlose Profitgier der Unternehmer und neuerdings auch die Kaputtspar-Politik der von bösen Ratingagenturen geknechteten Staaten sind schuld daran.

Man kann das natürlich glauben, wie man ja auch glauben kann, dass Elvis noch lebt und von Außerirdischen entführt worden ist; man muss dazu bloß ausreichend viele Fakten ignorieren. Denn schon bei oberflächlicher Betrachtung zeigt sich, dass nicht "der europäische Arbeitsmarkt" in schlechter Verfassung ist, sondern bloß jener einiger EU-Länder; vor allem in der auch mit anderen Problemen geschlagenen südlichen Peripherie. Weder in Deutschland noch in den Niederlanden oder in Österreich stellt Arbeitslosigkeit derzeit ein ernsthaftes Problem dar (auch wenn Österreichs erfreulich geringe Arbeitslosenrate in Wahrheit eher eine exzessiv betriebene Frühverrentung ist; die hiesigen Arbeitslosen nennt man halt zum Teil einfach Pensionisten).

Dass die EU insgesamt unter einer eher inakzeptabel hohen Arbeitslosigkeit zu leiden scheint, liegt an den extrem hohen Werten in Spanien (fast 25 Prozent), Griechenland und Italien (jenseits der 10 Prozent).

Verursacht hat dieses Problem freilich nicht der Neoliberalismus oder Angela "schwäbische Hausfrau" Merkel, sondern ein Mangel an Unternehmen, die ausreichend Beschäftigung schaffen. Und das wiederum liegt nicht zuletzt an überregulierten Arbeitsmärkten, die tendenziell die Inhaber von Jobs beschützen, indem Kündigungen schwer bis unmöglich sind - und dafür sorgen, dass jene, die keine Anstellung haben, auch weiterhin keine bekommen. Dazu kommen bürokratische Schikanen, zu hohe Lohnnebenkosten, Korruption und Überregulierung anstelle von Wettbewerb und freiem, unbürokratischem Marktzugang. Es ist also gerade nicht eine Folge neoliberaler Laissez-faire-Politik, die für hohe Arbeitslosigkeit in Teilen der EU sorgt, sondern die Versteinerung der (Arbeits-)Märkte in den betroffenen Ländern (der wilde Kampf griechischer Taxibesitzer gegen eine Öffnung ihres Marktes zeigt das Problem geradezu beispielhaft).

Die gute Nachricht: Dieses Problem kann relativ leicht gelöst werden (den dazugehörigen politischen Willen natürlich vorausgesetzt).

Deutschland, das heute mit der niedrigsten Arbeitslosenrate seit Menschengedenken protzt, ächzte noch 2005 unter einem Wert von 12 Prozent (das waren mehr als fünf Millionen Menschen ohne Job), mehr als heute in Italien. Dass sich die Arbeitslosenrate seither halbiert hat, liegt in erster Linie an den vom Sozialdemokraten Gerhard Schröder vorangetriebenen, wenn auch höchst unpopulären Reformen (Hartz I-IV).

Europas Problemländer brauchen nicht, wie jetzt da und dort wieder gefordert wird, milliardenschwere Konjunkturprogramme oder andere milde Gaben, sondern die Kraft, sich selbst zu helfen: indem sie ihre Arbeitsmärkte liberalisieren, öffnen und dem Wettbewerb aussetzen. Dann kann ihnen gelingen, was Deutschland gelungen ist.

ortner@wienerzeitung.at