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Expatriates über die Herausforderungen, die ein beruflicher | Standortwechsel bringt.
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Wien. "Ich habe mich hier sofort wohlgefühlt," sagt Roel Huisman über seinen Arbeitsplatz in Wien. Der Niederländer wurde im November 2010 Vorstandschef der Direktbank ING DiBa Österreich mit Sitz in Wien und übersiedelte dafür an die schöne blaue Donau. Nicht nur die guten Geschäftszahlen und die starke Positionierung von Österreichs größter Direktbank entzückten ihn - auch das Betriebsklima stimmt.
Huisman: "Ich kann sagen: Wir sind ein moderner Arbeitgeber mit einem offenen und angenehmen Arbeitsklima. Wir kommunizieren auf Augenhöhe miteinander, und die Türen der Mitarbeiter und auch der Führungskräfte sind immer offen"
Roel Huisman betrachtet sich aber auch selbst grundsätzlich als weltoffenen Menschen und hatte daher keine Probleme mit der Eingewöhnung. Einzig die ersten beiden Monate, als er noch ohne Familie in einem unmöblierten Haus wohnte, waren ungewohnt. Jetzt sind er und seine Familie voll integriert und fühlen sich gut aufgenommen.
Nicht immer kommen Manager mit fremden Welten so gut klar wie Huisman. Wie der Auslandsaufenthalt gelingen kann, zeigt die international erfahrene Managerin und Beraterin Barbara Wietasch in ihrem neuen Buch "Global Management: ein Tanz mit den Eisbergen."
Wietasch weiß: Im Ausland kommt der Kulturschock so sicher wie das Amen im Gebet. "Die Anfangseuphorie schlägt nach kurzer Zeit regelmäßig um in Katzenjammer", schreibt sie. Wer meint, sich mit Auslandsknigges optimal vorbereiten zu können, irrt, denn: "Das menschliche Verhalten gleicht einem Eisberg. Nur die Spitze ist sichtbar, das Verhalten jedoch wird bestimmt durch Prägungen, die sich dem Augenschein entziehen." Es treiben also bildlich gesprochen Eisberge aufeinander zu, wenn Menschen verschiedener Kulturen miteinander arbeiten. Das, was eigentlich wichtig ist, spielt sich unter der Wasseroberfläche ab.
Doch wie können sich Manager auf einen Auslandsaufenthalt so vorbereiten, dass sie der Kulturschock nicht allzu hart erwischt? Es gibt einiges, was man tun kann, so Wietasch: Sich über Kultur, Geschichte und politische Verhältnisse informieren, sich Grundwissen über gesetzliche Bedingungen (etwa über das Arbeitsrecht) aneignen und zumindest rudimentäre Kenntnisse der Sprache des Landes, in dem man künftig lebt und arbeitet, erwerben. Viel lernen können Manager auch von ehemaligen Expatriates, die das Einsatzland kennen, und von den neuen Kollegen. Huisman absolvierte ein Kulturtraining, in der er viel über die Wiener Mentalität erfuhr. "Diese wurde mir eher als altmodisch, formell und distanziert erklärt", berichtet der Niederländer. "Glücklicherweise habe ich in der Praxis erfahren, dass dabei vieles überzeichnet dargestellt wurde."
Auch auf die richtige Einstellung zur Arbeit fernab der Heimat kommt es an. "Seien sie in der ersten Zeit nicht zu streng mit sich", rät Barbara Wietasch. Einige Tage Heimaturlaub schaden nicht, wenn einem alles über den Kopf wächst.
Versicherungsexperte Manfred Fuchsthaler erinnert sich gern an seinen Auslandseinsatz in Slowenien. Fünf Jahre lang - von 2004 bis 2009 - war er gemeinsam mit einem slowenischen Kollegen Geschäftsführer der Zweigniederlassung der Wiener Städtischen Versicherung in Laibach. Der Kontakt besteht immer noch, obwohl Fuchsthaler mittlerweile in der Landesdirektion Oberösterreich der "Städtischen" arbeitet.
"Einmal jährlich organisieren mein Kollege und mein Nachfolger ein gemeinsames Treffen. Zuletzt fand es an einem schönen Herbsttag am wunderschönen See von Bled statt. Wir reden dann vom Gestern, dem Jetzt und was vielleicht morgen sein kann", erzählt Fuchsthaler. Er freue sich schon auf das nächste Wiedersehen.
Nicht zu unterschätzen sei der sogenannte "Rückkehrschock", schreibt Wietasch. Wieder in der Heimat angekommen, erscheint so manchem Expatriate die Welt zu Hause zu eng. Auch hier gilt: Mentale und inhaltliche Vorbereitung wappnet vor Enttäuschungen.
Ein weiteres Thema, mit dem sich Wietasch in ihrem Buch beschäftigt, ist die internationale Teamarbeit. Manager würden hier oft gewaltigen Irrtümern aufsitzen, meint sie. Wer etwa glaube, multikulturelle Teams würden sich schon "irgendwie zusammenraufen", sei auf dem falschen Weg. Dabei seien bunt zusammengesetzte Gruppen eine große Chance für alle Beteiligten. Wietasch: "Sie eröffnen, die Möglichkeit, voneinander zu lernen, persönlich zu wachsen und gemeinsam etwas zu bewegen." Damit das gelinge, sollte man möglichst früh eine zentrale Frage stellen, nämlich: Wie wollen wir zusammenarbeiten? Wenn erst einmal die Spielregeln - etwa über Projektsprache, Entscheidungsbefugnisse, Ablauf von Meetings, Umgang mit Konflikten etc. - dann stehen die Chancen gut, dass das Team trotz aller Unterschiede zusammenwächst.