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Wie Obamas Stern langsam verblasst

Von Stefan Haderer

Gastkommentare
Stefan Haderer ist Kulturanthropologe und Politikwissenschafter.

Nicht nur die Europäer, auch viele Afrikaner fühlen sich vom ersten schwarzen US-Präsidenten hinters Licht geführt.


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Es ist eine schwere Zeit, die der amerikanische Präsident Barack Obama gerade durchmachen muss, eine sehr schwere Zeit. Innen- wie außenpolitisch scheint die "Erfolgsstory" Obama ihren Tiefpunkt erreicht zu haben. Die Verzögerung seiner Gesundheitsreform bis 2015, der andauernde Syrienkonflikt, eine eher mäßig gut verlaufene Afrikareise und nicht zuletzt der Prism-Skandal und die Enthüllungen des "Whistleblowers" Edward Snowden deuten darauf hin, dass die Popularität Obamas nicht nur in den USA, sondern auch in Europa stark gesunken ist.

Der einstige Friedensnobelpreisträger wird nicht müde, die Wichtigkeit seines "Kampfes gegen den Terror" zu betonen und damit jede Kritik seines wichtigsten - nämlich des europäischen - Verbündeten von der Hand zu weisen. Wie lange noch, fragt man sich zu Recht, wird da Europa mitspielen, seine eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen und Obama jene Loyalität erweisen, auf die er sich stets verlassen konnte?

Zumindest die US-Republikaner dürfen sich freuen. Denn nicht nur in ungelösten innenpolitischen Fragen, sondern auch auf internationaler Ebene wird man den demokratischen US-Präsidenten für einige Defizite in Zukunft verantwortlich machen. Im Falle, dass die Rebellen in Syrien beispielsweise an die Macht kämen und einen islamistischen Staat errichteten, würde man die Schuld bei den Demokraten suchen, die dies zu wenig oder zu spät verhindert hätten.

Dass die EU zum Spielball der amerikanischen Supermacht geworden ist, dürfte hingegen weder Republikaner noch Demokraten stören. Präsident Obama muss Europas Politiker schon für besonders naiv halten, wenn er versucht, die US-Regierung von jeder Schuld freizusprechen und die Überwachung zahlreicher europäischer Regierungsmitglieder als unabhängige, verdeckte Mission der Geheimdienste abtut. Spätestens nach dem nächsten Aufdeckungsskandal wird sich herausstellen, wie wenig glaubwürdig diese Entschuldigung tatsächlich ist.

Doch nicht nur die Europäer, auch viele Afrikaner fühlen sich vom ersten schwarzen US-Präsidenten hinters Licht geführt. So wirft ihm die Zeitung "Jeune Afrique" vor, in seiner ersten Amtsperiode nur ein einziges Mal (Ghana 2009) nach Afrika gereist zu sein. Während seines Besuchs im Senegal vor wenigen Tagen kam aufgrund der strikten Sicherheitsvorkehrungen keine wirkliche "Volksnähe" auf. In Südafrika stand sein Auftritt im Schatten des im Sterben liegenden südafrikanischen Ex-Präsidenten Nelson Mandela. Ein Gesuch Obamas, Mandela sehen zu dürfen, wurde von dessen Familie abgelehnt, der US-Präsident musste sich mit einer Visite der Gefängniszelle Mandelas auf Robben Island begnügen. In Tansania stahl ihm - wer hätte es für möglich gehalten - sein Vorgänger George W. Bush die Show, der Milliarden in das Aids-Bekämpfungsprogramm Pepfar investiert hat, welches Obama im Rahmen von Budgetkürzungen stark reduzieren musste.

An der Spitze der Macht lebt es sich einsam, so heißt es. Dieses Gefühl scheint nun wohl auch Barack Obama immer stärker zu spüren bekommen.