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Wie PR den guten Ruf retten soll

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Litigation PR berät bei Prozessen und Vorwürfen. | "Kein Kommentar" als Stellungnahme lässt den Betroffenen schuldig wirken. | Wien. Ob Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner, Ex-Hypo-Vorstand Wolfgang Kulterer oder Ex-ÖSV-Trainer Walter Mayer: Stehen Firmen oder deren Manager vor Gericht, geht es nicht nur um den Sieg im Prozess. Die Betroffenen müssen auch um ihren guten Ruf kämpfen. "Der gute Ruf ist schnell dahin", so Alfred Autischer, Geschäftsführer von Gaisberg Consulting, bei einer Veranstaltung des Public Relation Verbandes Austria (PRVA). Selbst kleine Vergehen können die Handlungsfähigkeit eines Unternehmens oder einer Person maßgeblich beeinflussen.


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PR-Experten beraten Beklagte und Kläger bei Rechtsstreitigkeiten, die oft jahrelang dauern. Mit Litigation PR (prozessbegleitender Öffentlichkeitsarbeit) soll eine faire Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit geführt werden. Ziel ist, Verfahren zu vermeiden, wenn es zu einem Verfahren kommt, dieses zu gewinnen sowie die Reputation zu schützen und wieder aufzubauen. Diese Form der PR kommt aus den USA, in Österreich beschäftigen sich erst wenige Fachleute damit.

"Anwalt gibt Ton an"

Zusätzlich zum Anwalt wird ein PR-Stratege beauftragt, der die Strategie des Anwalts unterstützt. "Der Anwalt gibt den Ton an", sagt Autischer, der im Vorjahr die PR-Agentur Grayling verlassen hat und sich mit der Agentur Gaisberg selbständig gemacht hat. Für Litigation PR sollte nicht der Unternehmenssprecher zuständig sein, denn der müsse sich dafür sorgen, dass es mit dem Geschäft weitergeht. Die PR-Arbeit richte sich an die Öffentlichkeit sowie Kunden und Mitarbeiter. Dabei müssen Rechtstexte verständlich aufbereitet werden: "Tausende Akten müssen auf eine Botschaft reduziert werden", sagt Autischer. Oft geht es auch darum, außergerichtliche Vergleiche und Gesprächsbereitschaft zu forcieren - etwa zwischen einem Patienten und einem Arzt, der wegen eines Kunstfehlers auf Schadenersatz geklagt wird.

"Es geht nicht darum, etwas zu beschönigen, sondern darum, Stellung zu nehmen und zu versuchen, Vorwürfe zu entkräften", betont Martin Zechner, Gesamtleiter des Instituts Krisenkompass für Krisenmanagement und Krisenkommunikation. Einer der großen Fehler ist, zu spät mit der Kommunikation zu beginnen - noch dazu, da sich Gerüchte und Vorwürfe durch das Internet noch schneller verbreiten. "Viele Betroffene verschlafen es, an die Öffentlichkeit zu gehen", sagt Zechner. Betroffene sollten so früh wie möglich aufklären über die Position, die sie im Streit einnehmen. Werden Anschuldigungen publik, heißt es rasch handeln. Die Vogel-Strauß-Taktik sei der falsche Weg, warnt Zechner. Reagieren Betroffene nicht auf die Vorwürfe, kann dies dem Fall schnell einen Drall geben, der nur schwer zu beeinflussen ist.

Die Stellungnahme "kein Kommentar" ist bequem, aber riskant: Denn für die Öffentlichkeit wirkt dies wie ein Schuldeingeständnis, die Position des Betroffenen verschlechtert sich. Autischer rät daher, zu Beginn eines Rechtsstreits ein wohlüberlegtes Statement abzugeben. "Man muss aufpassen, was und wie man es sagt", sagt Autischer. Die Formulierung sei heikel, weil das Gesagte vor Gericht gegen den Betroffenen verwendet werden kann.

Das Statement sollte sich nicht als falsch herausstellen: Der deutsche Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat zum Beispiel die Vorwürfe, seine Doktorarbeit sei ein Plagiat, in einer ersten Reaktion noch als "abstrus" zurückgewiesen. Er betonte, dass die Arbeit seine "eigene Leistung" gewesen sei. Später ergab jedoch eine Prüfung der Uni Bayreuth erhebliche wissenschaftliche Mängel, am Dienstag nahm er schließlich den Hut.

Wenn jemand unschuldig ist, sei die Formulierung eines Statements besonders schwierig. Statt der Aussage "Ich bin unschuldig" oder "Ich habe gegen keine Gesetze verstoßen" sollte man sich laut Autischer eine andere Formulierung überlegen - etwa "Ich habe alles richtig gemacht". Eine Lösung ist auch, den Kläger zum Beklagten zu machen - wie Atrium (die ehemalige Meinl European Land) und die Meinl Bank, die sich seit Jahren gegenseitig mit Klagen eindecken.

Auch die Kleidung zählt

Da Prozesse in den Medien personalisiert werden, "darf der Mandant nicht zum Symbol für den Skandal werden, sonst trägt er die ganze Last im Gerichtssaal der öffentlichen Meinung", sagt Autischer. Im Bawag-Verfahren wurde Ex-Bawag-Chef Elsner zum Symbol des Prozesses - obwohl neben ihm acht weitere Personen angeklagt waren.

Zudem muss der PR-Stratege aufpassen, wann welche Bilder zugelassen werden. Dabei kommt es auch auf die Kleidung, die Frisur und das Verhalten an. Ein Victory-Zeichen auf dem Weg ins Gericht (siehe Bild) wirkt nicht gut. Das Verhalten vor Gericht sei ein Thema, mit dem sich Führungskräfte zu wenig auseinandersetzen, sagt Zechner.

Gespaltene Ansichten gibt es darüber, ob Litigation PR den Ausgang eines Prozesses beeinflussen kann. "Es geht nicht um die Beeinflussung von Gerichten, sondern um das Deutungsgleichgewicht in der öffentlichen Diskussion", so Autischer. In einer Studie der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation München trauen 50 Prozent der befragten Anwälte der PR einen Einfluss auf den Prozessausgang zu. Richter und Staatsanwälte sehen PR hingegen als unwichtig fürs Urteil.