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Wie Putins Krieg der Weltwirtschaft schadet

Wirtschaft

Die Produktionseinbußen waren enorm. Zahlreiche Volkswirtschaften zeigen aber eine hohe Widerstandsfähigkeit.


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Russlands Krieg in der Ukraine verursacht nicht nur immenses menschliches Leid. Auch der Schaden für die globale Wirtschaft ist groß. Fabriken konnten nicht oder nur eingeschränkt produzieren, bei der Versorgung mit wichtigen Rohstoffen wie Energieträgern, Metallen, Agrargütern, Düngemitteln und Edelgasen kam es zu Lieferengpässen.

Produktionsschock und Preisschock

Die weltweite Wirtschaftsleistung dürfte im vergangenen Jahr um mehr als 1,6 Billionen US-Dollar (1,5 Billionen Euro) niedriger ausgefallen sein, als sie es ohne den Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine getan hätte, wie das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) errechnet hat. Rund zwei Drittel der Produktionseinbußen waren in den sogenannten fortgeschrittenen Volkswirtschaften zu verzeichnen, ein Drittel in den aufstrebenden Volkswirtschaften, zu denen auch die Entwicklungsländer zählen. Der Krieg habe für "zusätzliche Produktionsschocks für viele Unternehmen rund um den Globus" gesorgt, denn zu den durch die Corona-Pandemie bedingten Verwerfungen sei eine Energiekrise hinzugekommen, so das IW.

Zusätzlich habe es Engpässe etwa bei der Getreideversorgung gegeben, und die Probleme bei der Versorgung mit Energie und Rohstoffen hätten zu hohen Kostenschocks in der Produktion geführt. Die Verbraucherpreise schossen in die Höhe, was die Kaufkraft der Menschen schwächte. So lag etwa in Deutschland die Inflationsrate im Vorjahr mit 7,9 Prozent auf dem höchsten Stand seit Jahrzehnten. Im Euro-Raum kletterten die Verbraucherpreise im Dezember um 9,2 Prozent nach oben. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt als Ziel 2 Prozent an und hat bereits in mehreren Schritten die Leitzinsen erhöht. Die Unternehmen wiederum hielten sich wegen der unsicheren Zukunft und der hohen Kosten mit Investitionen zurück.

Das IW erstellte eine Modellrechnung und schätzte das Ausmaß der Produktionsausfälle - auch wenn diese zum Teil auch auf die binnenwirtschaftliche Entwicklung in den USA und das Infektionsgeschehen in China zurückgehen. Als Grundlage dienten die jeweiligen Herbstprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Verglichen wurden dann die Erwartungen und die tatsächliche Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Das Ergebnis: Ohne den Krieg wäre die Wirtschaftsentwicklung um 1,6 Billionen Dollar höher ausgefallen. Heuer könnten sich die weltweiten Produktionsausfälle auf nochmals rund eine Billion Dollar belaufen - alles unter der Annahme, dass sich der Krieg in der Ukraine auch in diesem Jahr fortsetzt.

Grund für die erwarteten geringeren Einbußen 2023 sei, dass "von einer Entspannung an den globalen Rohstoff- und Energiemärkten ausgegangen wird", heißt es in der Studie. Das würde auch zumindest die kriegsbedingte Inflation wieder abschwächen.

Russlands BIP ist nach offiziellen Zahlen des staatlichen Statistikamts im Kriegsjahr 2022 um 2,1 Prozent geschrumpft. Die EU-Kommission schätzt den Rückgang auf 5,1 Prozent.

Weltwirtschaft dürfte heuer um 2,9 Prozent wachsen

Die Weltwirtschaft wird die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die weiterhin hohe Inflation etwas besser verkraften als zunächst befürchtet. Das liege nicht zuletzt an den Entwicklungen in China, heißt es in der Ende Jänner aktualisierten Prognose des IWF. Demnach soll die globale Wirtschaft heuer um 2,9 Prozent wachsen - um 0,2 Prozentpunkte mehr als im Oktober angenommen. Die Inflation soll deutlich sinken. Insgesamt gebe es "positive Überraschungen" und eine "unerwartet hohe Widerstandsfähigkeit" in zahlreichen Volkswirtschaften. Der IWF erwartet heuer kein Abrutschen der Weltwirtschaft in die Rezession. Im Herbst hatten die Ökonomen dieses Szenario nicht ausgeschlossen.

Der Ausblick habe sich nicht weiter eingetrübt. "Das sind gute Nachrichten, aber noch nicht genug", so IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Schließlich liege das für heuer prognostizierte Wirtschaftswachstum im Vergleich mit den vergangenen zwei Jahrzehnten unter dem "historischen Durchschnitt". Dies gilt auch für die im Jahr 2024 erwarteten 3,1 Prozent Wachstum. 2022 lag das Wachstum noch bei 3,4 Prozent, 2021 bei 6,2 Prozent. Risiken bestehen aber weiter - unter anderem eine Eskalation des Kriegs in der Ukraine.(ede)