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Zypriotin gilt als Vermögendste im Barroso-Team. | Am häufigsten wird in Immobilien investiert. | Johannes Hahn legte Aktien-Portfolio im Jahr 2010 offen. | José Manuel Barroso kommt derzeit, inklusive Zulagen und Aufwandsentschädigung, auf ein Jahreseinkommen von 360.286 Euro und 59 Cent - brutto. Der Präsident der EU-Kommission verdient damit eindeutig mehr als US-Präsident Barack Obama. Von den Traumgehältern vieler Topmanager kann er allerdings nur träumen: Erste Group-Boss Andreas Treichl etwa war seinem Institut im Vorjahr fast 2,8 Millionen Euro wert.
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Es überrascht daher kaum, dass der 55-jährige Portugiese - zumindest laut eigener Darstellung - alles andere als ein besonders reicher Mann ist: Barroso, früher Uni-Professor für Internationale Beziehungen sowie Außenminister und Ministerpräsident, besitzt nach sechseinhalb Jahren als EU-Frontman lediglich ein Appartement in Lissabon. Obendrein ist er Mitinhaber von Grundstücken in Valpacos und einer Wohnung in Almada. Aktien oder sonstige Wertpapiere hat der dreifache Vater, der mit einer Literaturwissenschafterin verheiratet ist, keine.
Ähnlich unspektakulär nimmt sich die Vermögenssituation von Catherine Ashton aus: Die Vizepräsidentin der Union, die seit November 2009 als Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik nur knapp weniger verdient als Barroso, hat bloß ein Haus in St Albans in der Grafschaft Hertfordshire sowie ein Appartement in London vorzuweisen. Die etwas farblose Baroness, deren Mandat im britischen Oberhaus ruht, hat allerdings das Glück, dass ihr Ehemann Peter Kellner als Boss eines Meinungsforschungsinstituts nicht so schlecht verdient.
Weitaus vermögender als die Labour-Politikerin ist da schon die von Zypern nach Brüssel entsandte Kommissarin für Bildung, Kultur und Jugend, Androulla G. Vassiliou. Die 67-jährige Juristin, mit dem einstigen zypriotischen Präsidenten verheiratet, hat es nämlich zu beträchtlichem Wohlstand gebracht. Sie ist nicht nur Eigentümerin von mehreren Residenzen in Limassol, Nicosia und Paphos im Wert von drei Millionen Euro, sondern besitzt auch Aktien und Bonds im Ausmaß von vier Millionen Euro. Seit sie Ende 2009 in Brüssel ihr Vermögen offengelegt hat, gilt die einstige Beraterin von Banken als die mit Abstand reichste EU-Kommissarin.
Eine Wohnung -und das ist alles
Dass sie am ehesten dem Klischee entspricht, das ranghohe Europa-Politiker automatisch umrankt, mag daran liegen, dass sie die übliche Selbstauskunft penibler gestaltete als so mancher Amtskollege. Denn etliche Kommissare lassen die Transparenz bei der Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse auf zwei Blatt Papier von geringer Aussagekraft schrumpfen: Der Rumäne Dacian Ciolos etwa, zuständig für das Ressort Landwirtschaft, gab handschriftlich lediglich zu Protokoll, dass ihm eine Eigentumswohnung in Bukarest gehört - sonst nichts. Arme Schlucker müssen auch der lettische Entwicklungs-Kommissar Andris Piebalgs und der tschechische Erweiterungs-Spezialist Stefan Füle sein: Die beiden weisen nämlich keine Vermögenswerte aus.
Andere Kontinente - andere Sitten: US-Präsident Obama, der im Jahr umgerechnet etwa 300.000 Euro verdient, hat sein Vermögen seit dem Amtsantritt zwar auf rund 7,7 Millionen Dollar verdoppelt - aber er legt zumindest seine Finanzen offen. Es ist bekannt, dass dies primär seinen beiden Bestsellern zu danken war. Die meisten EU-Toppolitiker spielen indes ungern mit offenen Karten, was eigentlich schade ist: Denn die europaweite Skepsis, ob denn in der Union immer alles mit rechten Dingen zugehe, ist gerade angesichts eines Skandals im EU-Parlament wie dem Fall Strasser beträchtlich gewachsen. Die Kommissare, die für Lobbyisten aller Art noch weit interessantere Gesprächspartner sind als einfache Europa-Abgeordnete, wären gut beraten, mit vertrauensbildenden Maßnahmen eine saubere Weste unter Beweis zu stellen und blöde Spekulationen erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Fest steht jedoch, dass ihr teilweise aus dem Jahr 2003 stammender Finanz-Striptease, den ihnen die Union abverlangt, vielfach recht oberflächlich ausfallen dürfte. Bestes Beispiel: Viviane Reding. Die aus Luxemburg stammende EU-Vizepräsidentin und Justiz-Kommissarin empfindet die Offenlegung offenbar als Alibiaktion: Die dreifache Mutter, die schon mehr als dreißig Jahre politisch tätig ist und stets ein respektables Einkommen bezog, begnügt sich mit der lapidaren Angabe, "Residences" ausschließlich für den Familiengebrauch ihr Eigen zu nennen - und das wars auch schon. Kein Wort mehr darüber, was mit ihren stattlichen Einkünften in den vergangenen acht Jahren passiert ist.
Desgleichen will es der für den Binnenmarkt zuständige Franzose Michel Barnier lediglich zu einem Chalet in Savoyen gebracht haben - Punkt. Der finnische Währungs-Kommissar Olli Rehn wiederum bekennt sich zu zwei Appartements in Helsinki, einem zur Hälfte ihm gehörenden Sommerhaus sowie einem 108 Quadratmeter großen Büro - thats it. Sind die Herrschaften trotz zumeist steiler Karrieren wirklich finanziell so flach oder versagt der Kontrollmechanismus der Union kläglich?
EU-Kommissareinvestieren konservativ
Eines steht fest: Am häufigsten investieren die EU-Großverdiener - immerhin erhalten EU-Kommissare brutto 20.278,23 Euro pro Monat plus Wohnzulage plus Aufwandsentschädigung - in Grund und Boden, also durchaus konservativ. Während der italienische Barroso-Stellvertreter Antonio Tajani (Unternehmen & Industrie) eine Villa, zwei geräumige Wohnungen sowie ein 10 Hektar großes Grundstück als Aktiva anführt, kann ihn der Malteser John Dalli (Gesundheit) mit einer Familienresidenz, zwei Villen in seiner Heimat und einer im libyschen Tripolis noch toppen. Der 62-jährige Langzeit-Politiker liegt damit ungefähr gleichauf mit dem Iren Maire Geoghegan-Quinn (Forschung & Innovation), dessen Erspartes in Form von Häusern in Irland, Luxemburg und den USA zu finden ist, wozu sich noch eine Ferienwohnung in Spanien gesellt.
Der Österreicher Johannes Hahn, seit etwas mehr als einem Jahr für die Brüsseler Regionalpolitik verantwortlich, zählt zu den nur elf von 27 EU-Spitzenleuten, die auch in Aktien und sonstige Wertpapiere investieren (siehe Kasten). Mit fast 400.000 Euro ist sein Einsatz - allerdings weit hinter der Zypriotin Vassiliou - höher als der der meisten Kollegen: Während die dänische EU-Klimaschützerin Connie Hedegaard bloß einen geringen Betrag riskiert, sitzt der der Pole Janusz Lewandowski (Haushalt) auf staatlichen Bonds für 300.000 Zloty, umgerechnet etwa 75.000 Euro. Der spanische Wettbewerbs-Kommissar Joaquin Almunia, ebenfalls ein Barroso-Vize, hat 100.000 Euro eingesetzt, und der Belgier Karel De Gucht (Handel) versucht mit fast 500.000 Euro sein Glück an der Börse.
Die 70-jährige Holländerin Neelie Kroes, die neben ihren politischen Funktionen seit 1969 auch 30-fache Aufsichtsrätin - von Volvo bis PricewaterhouseCoopers - war, gilt als einer von zwei Sonderfällen: Die einstige Verkehrsministerin der Niederlande, schon als Wettbewerbs-Kommissarin heftig umstritten, ist immer noch Alleininhaberin der Bergsche Maas BV, die rund 1,1 Millionen Euro wert ist. Sie hat aber alle Aktien einer Stiftung übertragen, die einzig und allein die Aufgabe übernommen hat, für ihren Lebensabend vorzusorgen.
Sorgen um die Zukunft müssen sich EU-Kommissare aber ohnedies kaum machen: Denn sie erhalten nach ihrem Ausscheiden drei Jahre lang ein monatliches Trostpflaster, das zwischen 40 und 65 Prozent des letzten Brutto-Grundgehalts beträgt.
Im Vorjahr wendete Brüssel dafür 3,8 Millionen Euro auf. Die meisten finden allerdings rasch wieder einen lukrativen Job: Der frühere Industrie-Kommissar Günter Verheugen etwa gründete sogleich eine Beratungsfirma und wurde - Lobbyist. Er ist mittlerweile so gut im Geschäft, dass er auf die EU-Zahlungen verzichten kann.
Wie Johannes Hahn investiert
Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn, der zuvor sechs Jahre Vorstand bei Novomatic, drei Jahre Mitglied der Wiener Landesregierung sowie eben so lang Wissenschaftsminister war, zählt beileibe nicht zu den ärmsten Brüsseler Spitzenpolitikern: Er besitzt ein Einfamilienhaus im Bezirk Horn, zwei Hausanteile in Wien sowie ein Aktien-Portfolio.
2010 hat er offengelegt, Papiere von Raiffeisen International, Strabag, CA Immo, Erste, RHI, OMV und Verbund zu halten. Damaliger Marktwert: 237.365 Euro. Dazu kommen weitere Anteile im Ausmaß von rund 150.000 Euro - an C Quadrat, Rio Adour Schiffahrtsgesellschaft sowie Miro Star Schifffahrtsgesellschaft.