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Wie reif sind "die da oben"?

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Mit der demokratischen Reife ist das so eine Sache. Sie betrifft nicht nur "die unten", also uns gemeine Bürger, sondern mindestens so sehr auch "die da oben", also die Regierung, die Parteien, ja die Eliten ganz generell.

Denn die Sehnsucht in manchen Teilen des Volkes nach einem starken Mann, der zeigt, wo es langzugehen hat, entspricht dem Wunsch gar nicht so weniger Politiker nach kreuzbraven Untertanen, die nicht allzu viele Fragen stellen und ansonsten verzückt begrüßen, was an Weisheit und Tatkraft von oben auf sie herniederkommt.

Tatsächlich sind die - mehr oder weniger verkappten - Autoritätshörigen mindestens so gefährlich für die Demokratie wie eine Elite, die davon überzeugt ist, für die Dauer ihres Mandats (und mitunter auch darüber hinaus) die Lizenz zum Rechthaben und Durchgreifen abonniert zu haben.

Dabei profitieren die Regierenden mindestens so sehr von der Kompliziertheit der herrschenden Problemlagen in Wirtschaft und Gesellschaft, wie sie deren Opfer sind. Immerhin kommt die Politik auf diese Weise in den Genuss einer vagen Kompetenzvermutung als Bauchgefühl: Nicht wenige Menschen klammern sich schließlich - sei es aus Trägheit oder Gewohnheit - an die Hoffnung, dass "die da oben hoffentlich schon wissen werden, was sie tun". Selbst hat man schließlich noch ganz andere Probleme.

Schweigen und die Abwesenheit flächendeckender Proteste wird auf diese Weise aus der Vogelperspektive nicht nur als politische Zustimmung interpretiert, sondern mehr noch zu einem Freibrief umgemünzt. Das taugt durchaus als Demokratietheorie der Postmoderne in ihrer simpelsten Form.

Die Konsequenz daraus ist mindestens so einfach: Das Versprechen der Neuen Medien von umfassenden Mitsprachemöglichkeiten für die vielen Einzelnen hat sich als heiße Luft erwiesen. Wer gehört werden will (und sich nicht nur artikulieren), der muss sich organisieren. Nicht unbedingt als Verein mit Statuten, fixen Mitgliedschaften und aufgeblähten Strukturen, wie das bisher der Fall war.

Doch auch künftig gilt: Einfluss im politischen Sinn werden nur jene haben, die sich organisieren und ihre Forderungen in ein Programm packen. "Blessed are the Organized", formuliert es der Berliner Historiker Paul Nolte.