ÖVP will SP-Absolute verhindern. | Wähler-Fischen bei der FPÖ. | Grüne hoffen auf 7,5 Prozent. | Neusiedl / Eisenstadt / Oberwart / Jennersdorf. Es ist nicht weit, das Ferienparadies der Wiener. Bei der Abfahrt Neusiedl am See, 40 Kilometer südlich von Wien, grüßt das Konterfei der Spitzen-Kandidatin der Grünen, Grete Krojer, prominent platziert von etlichen Wahlplakaten. "Stoppt den Transit", so ihr Werbespruch.
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Krojer ist an diesem Tag persönlich in Neusiedl anzutreffen. Neben einer ungarischen Langos-Imbissbude verteilt sie grüne Luftballons. "Wann wähl ma, am Montag?", fragt sie ihr kulinarischer Nachbar. "Nein, am Sonntag", gibt sie mit leicht gequältem Lächeln Auskunft. Dass das Burgenland nicht vom Transitverkehr überrollt werden darf, stößt im Land der Pendler auf wenig Gegenliebe.
Dennoch zeigt sich Krojer im WZ-Gespräch überzeugt, dass ein Zugewinn von 5,4 Prozent bei den Landtagswahlen 2000 auf 7,5 Prozent am kommenden Sonntag möglich ist. Das würde den Grünen ein drittes Mandat im Landtag sichern. "Wir wollen auf alle Fälle die Freiheitliche Partei überholen", so Krojer. Dass die SPÖ erste werde und die ÖVP zweite, sei klar. Es gehe vielmehr um die Frage, wer wird stärkste Oppositionspartei. Auf Gemeinderatsebene sind die Grünen im Burgenland in neun Gemeinden vertreten. Vor allem in den größeren Gemeinden, wie Eisenstadt oder Neusiedl, denn dort gibt es laut Krojer einen Zuzug und die politischen Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Vergabe von Förderungen, greifen nicht mehr so stark".
"Wir sind ja schon alt", so ein paar ältere Neusiedlerinnen, die am Grünen-Stand vorbeigehen. Den Landeshauptmann Niessl treffe keine Schuld am Bank Burgenland-Skandal, "das war ja alles schon vor ihm", meint eine von ihnen. Ganz anders sieht das die achtzigjährige Antonia S. aus Neusiedl: "Eine Schweinerei, was da passiert ist". Sie fürchtet, dass Niessl stark bleiben wird, trotz Bank-Affäre, "weil die Leute nicht denken", ärgert sie sich. Der Steindl (ÖVP-Kandidat, Anm.) sei doch aktiv und nett. Sie verstehe das nicht, und dass jetzt in der Steiermark angeblich die ÖVP-Wähler zu den Kommunisten gewechselt sind, sei für sie überhaupt unverständlich.
ÖVP kämpft im Abenteuerland
Nachmittag in Jennersdorf. Im "Abenteuerland Welten" warten ein paar Grüppchen bei Maroni und Punsch auf LH-Stv. und ÖVP-Spitzenkandidat Franz Steindl. Die 4236 Einwohner zählende Gemeinde im Bezirk Jennersdorf ist schwarz. "Wir sind gekommen, um Herrn Steindl live zu erleben", meint ein älterer Pensionist. Was er am Sonntag wählen wird, steht fest. In der Steiermark sei ein Wechsel schon Zeit gewesen und "bei uns ist es auch schon höchste Zeit", meint er. Sein Blick schweift ab.
Steindl ist eingetroffen, greift eine Hand nach der anderen und nimmt an einem Tisch Platz. Die ihm zuvor angebotenen Maroni verschwinden in kurzen Abständen in seinem Mund. Er springt auf. "Wenn der Wahlkampf nur immer so schön wäre", begrüßt er die Menge.
"Ich kann euch nur warnen vor der absoluten Mehrheit der Roten." Steindl erinntert an Landeshauptmann Theodor Kery, wo nur ein Roter einen Job bekommen habe. Niessl habe die Bank Burgenland an einen Großindustriellen verschenken wollen. Und Niessl habe mit einer 28-Seiten-Broschüre für seine Partei 300.000 bis 400.000 Euro ausgegeben. "Wisst ihr, wer das zahlt", fragt der ÖVP-Chef. "Jo, i", ruft eine ältere Frau dazwischen. Steindl nickt.
Ein ÖVP-Mitarbeiter reicht ihm eine Trompete. Mit Musik, Wein und Abenteuern lässt es sich wahlkämpfen. Beim Bogenschießen und Traktorfahren komme das Kind im Manne hervor, sind sich die anwesenden ÖVP-Politiker einig. Es gehe nicht darum, erster zu werden, meint Steindl zur "WZ", sondern darum, die Absolute der Roten zu verhindern. Zur Steiermark meint er: gewisse Skandale rächen sich. "Das hoffe ich auch für das Burgenland."
Die Landtagsabgeordnete Michaela Resetar hofft auf Stimmen aus dem freiheitlichen Lager. Die ÖVP könnte von 37 auf 42 Prozent kommen. Die vorhandenen 13 will sie auf 15 Mandate erweitern, dann wäre für stabile Verhältnisse gesorgt. Steindl verabschiedet sich. Der Wahl-Tour-Bus wartet schon und das Passantengespräch in Jennersdorf ebenso. "Ein liaber, netter Mann, einfach menschlich", meint Gerlinde Bakanic aus Teuber, St. Martin.
FPÖ setzt auf Hausbesuche
FPÖ-Landesobmann Johann Tschürtz ist am Dienstag Vormittag in seiner Landesgeschäftsstelle in Eisenstadt anzutreffen. Seine Mannschaft und er überlegen, wann sie wo noch welche Inserate schalten werden. 500 Hausbesuche hat Tschürtz bereits absolviert. Nach der Steiermark-Wahl ist er vielen Leuten begegnet, die sagen: "Warum hat Haider das getan?" Gemeint ist die Parteispaltung. Auf das Burgenland habe das Ausscheiden der Freiheitlichen aus Landtag und Regierung in der Steiermark keine Auswirkung, meint Tschürtz. Der Bund färbe jedoch sehr auf das Land ab, rechtfertigt er die Tatsache, dass die Freiheitlichen laut Umfragen nur bei knapp über fünf Prozent liegen - die Wählerstimmen somit seit der letzten Landtagswahl halbiert wurden. "Wir haben den Bank Burgenland Skandal aufgedeckt", so der Freiheitliche Spitzenkandidat. Wenn er das Ergebnis der Umfragen erreichen würde, wäre er schon zufrieden. Es gehe nun um jede Stimme.
SPÖ gibt sich siegesgewiss
Dienstagnachmittag, 14 Uhr, in Kemeten, Bezirk Oberwart. Der Pensionistenverein trifft sich jeden Dienstag im Gemeindehaus. Diesmal ist man schon gespannt auf Landeshauptmann Niessl.
Die 1600-Seelengemeinde Kemeten ist rot. Die Kemeter und Kemeterinnen stehen zu ihrem Landeshauptmann, so der Bürgermeister Johann Nussgraber. "Natürlich wird er die Absolute kriegen", sind sich alle einig. Die Torte dafür ist schon vorbereitet. Ein Zugewinn von zwei Mandaten würde für die SPÖ die abolute Mehrheit bedeuten. Nach einer Gesangseinlage des Kemeter Gesangsvereins, setzt der Bürgermeister zum Wort an.
Niessl hört bereitwillig zu, wenngleich er schon etwas wahlmüde wirkt. "Wir werden uns von Herrn Steindl dieses Land nicht krank jammern lassen", so Niessl. Ein Land, das so hart von seinen Einwohnern aufgebaut wurde.
Dem kann der Pensionist Josef K. nur zustimmen: "Die SPÖ ist halt ein bisserl noch für die kleinen Leute", meint er. "Das kann sich keiner vorstellen, wie das damals war. 1945 hatten wir noch strohbedeckte Häuser und wurden von den Grafen beherrscht." Bevor der Burgenländer auf die Welt komme, wisse er schon, dass er nach Wien müsse, sagt Josef K., der selbst jahrelang als Installateur nach Wien pendelte. "Schnell schenk mir was ein, ich bin schon so nervös", meinte eine Frau beim Buffet. "Wir müssen am Sonntag gewinnen". In den Umfragen schneidet Niessl gut ab. SPÖ-Landrat Helmut Bieler: "Ja, die Wähler haben offensichtlich verstanden, dass die ÖVP den Verkauf der Bank Burgenland verhindert hat."