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Wie Senioren die Energiewende unterlaufen

Von Stefan Ortner

Gastkommentare
Stefan Ortner ist CEO des Pelletsheizung-Weltmarktführers ÖkoFEN.
© ÖkoFEN

In Deutschland werden Großeltern umgemeldet, um in ihrem Namen neue Gas- und Ölheizungen kaufen zu können.


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Gut gemeint ist oft nicht gut gemacht. In Deutschland wollte Robert Habeck, grüner Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, mit dem neuen Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) einen Riesenschritt in Richtung Energiewende setzen: Ab 2024 ist der Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen verboten, neu eingebaute Heizungen müssen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Der Plan ist an sich nachvollziehbar, aber heuer hat das neue Heizungsgesetz in Deutschland genau das Gegenteil bewirkt: Frei nach dem Motto "Ich heize, wie ich will" ist es zu einem regelrechten Ansturm auf Öl- und Gasheizungen gekommen. Heizungsbaubetriebe sprechen von einem Plus von 96 Prozent bei Ölheizungen.

Weil Hausbesitzer über 80 Jahre von der Regel ausgenommen sein sollen, treibt das in Deutschland sonderbare Blüten: Großväter und Großmütter werden aus dem Altersheim wieder an ihre alte Adresse umgemeldet, um - zumeist für ihre Enkerln - eine neue Öl- oder Gasheizung zu bestellen. Um den Heizungstausch für Hausbesitzer attraktiver zu machen, kündigen Habeck & Co zudem Förderungen von bis zu 80 Prozent ab dem Jahr 2024 an. Dieses Förderversprechen führt ebenfalls dazu, dass sich Kunden mit dem Kauf alternativer Heizsysteme Zeit lassen.

Die derzeitig heftige Diskussion um das Gebäude-Energie-Gesetz in Deutschland hat auch bei uns in Österreich Auswirkungen. In unserem Betrieb, aber auch in vielen anderen, muss die Produktion von Pellets-Heizungen für Deutschland zum Teil stillgelegt werden. Einerseits braucht es gesetzliche Klarheit für Konsumenten, weil der Einbau einer Heizung mit großen Kosten verbunden ist, einen erheblichen Aufwand bedeutet und langfristig zu denken ist. Zum anderen braucht auch die Wirtschaft rechtliche Klarheit für ihre Betriebe. Die Unternehmen benötigen dringend verbindliche und klare gesetzliche Rahmen, damit sie nachhaltig wirtschaften, langfristige Investitionsentscheidungen treffen und für die Zukunft planen können. Es geht dabei nicht nur um ein klares politisches Bekenntnis zur raschen Energiewende, sondern auch um viele Arbeitsplätze und um regionale Wertschöpfung.

Die österreichische Gesetzgebung hat bereits einige Schritte in Richtung Energiewende unternommen. Viele Gesetze zum Aufbau einer nachhaltigen Energiezukunft sind allerdings, obwohl beschlussreif, noch in der Pipeline: Der rasche Beschluss des Energie-Wärme-Gesetzes (EWG) würde klare gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen. Die Pellets-Bevorratung ist wichtig für stabile Preise: Eine strategische Reserve für Händler, wie sie auch bei Heizöl gesetzlich verankert ist, würde den Staat nichts kosten und hätte über Österreich hinaus Vorbildwirkung. Diese seit langem fertig vorliegende Regelung ist politisch noch nicht umgesetzt. Es braucht daher jetzt rasches Handeln der Politik für Planungs-, Preis- und Versorgungssicherheit.