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Wie sich Europa weiterentwickelt hat

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

War den politischen Kommentatoren das 15-jährige Jubiläum der Europäischen Union (EU) am 7. Februar 2007 keine einzige Zeile wert, so überschlagen sich die Meldungen zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) - Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Euratom - der am 25. März 2007 begangen wurde.


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Ist es nur das höhere Alter beziehungsweise der rundere Geburtstag der EG, der die Auguren so vorgehen lässt, oder sind vielleicht die Zusammenhänge zwischen den EG und der EU so komplex, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht? Was bedeutet es, wenn in diesem Zusammenhang die sogenannte "Berliner Erklärung" zum 50. Geburtstag der EU unterzeichnet wird, die gerade erst einmal 15 Jahre alt geworden ist? Ohne allzu pedantisch sein zu wollen, sollte man bei dieser Gelegenheit doch Folgendes festhalten.

Die Europäischen Gemeinschaften wurden 1951 (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) und 1957 (EWG, Euratom) als wirtschaftliche Integrationszonen im Sinn des General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) gegründet. Die wichtigste von ihnen, nämlich die EWG, war als Zollunion im Warenverkehr konzipiert. Diese hätte nach einer zwölfjährigen Übergangsfrist errichtet werden sollen. Durch zwei Beschleunigungsbeschlüsse des Rates gelang es, bereits mit 1. Juli 1968 einen gemeinsamen Zolltarif einzuführen und damit die Zollunion zu verwirklichen. Danach wollte man sich dem Gemeinsamen Markt widmen, geriet damit aber bald in Rückstand - die sogenannte "Eurosklerose" war Ende der 70-er Jahre schon nicht mehr zu übersehen. Erst die Delor´sche Vision eines Binnenmarktes, der durch die "Einheitliche Europäische Akte" 1986 in die EG eingeführt und mit

1. Jänner 1993 großteils verwirklicht wurde, brachte wieder neuen Schwung in die EG, die aber nach wie vor ökonomisch orientiert waren.

Die außen-, sicherheits- und verteidigungspolitische Schwäche der EG, die diese leidvoll im Irak-Krieg 1990 und im Jugoslawien-Konflikt Anfang der 90er Jahre erfahren musste, führte zur Umwandlung der EG in die EU durch den Vertrag von Maastricht (1992).

Außenpolitik vereint

Mit der Ausbildung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und einer Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (ZBJI) zur effektiveren Kriminalitätsbekämpfung stellt die EU die politische Weiterentwicklung der vorrangig wirtschaftlich tätigen EG dar. In der Folge wurde auch die EU weiter ausgestaltet, die GASP zu einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) und die ZBJI zu einer polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) fortentwickelt. Der krönende Abschluss dieser dynamischen Entwicklung, die mit einer forcierten Aufnahme neuer Mitgliedstaaten gekoppelt war, sollte der Vertrag über eine Verfassung für Europa sein. Dieser wurde zwar Ende Oktober 2004 in Rom unterzeichnet, ist bis jetzt aber erst von 18 der 27 Mitgliedstaaten ratifiziert worden. Sein voraussichtliches Scheitern soll von der gegenwärtigen deutschen EU-Präsidentschaft verhindert werden, die dazu bereits eine Reihe von Anstrengungen unternommen hat.

Die deutsche Präsidentschaft legte am 50. Jahrestag der Gründung der EG mit der sogenannten "Berliner Erklärung" eine Grundsatzerklärung vor, die auf zwei Seiten die bisherigen Errungenschaften der EU darstellt, ohne allerdings das Schicksal des Verfassungs-Vertrages sowie die künftigen Erweiterungen zu erwähnen. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel soll allerdings spätestens bis zum zweiten Halbjahr 2008 ein neuer Vertrag unterschriftsreif sein.