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Alarmpaket färbt Geldscheine ein. | Geldbehebungen werden 250 Meter unter Tag verarbeitet. | Wien/Kapfenberg. Nach 19 Bankomat-Diebstählen und Sprengungen seit Mai 2010 in Österreich - erst Dienstagnacht explodierte in Wien ein Geldausgabeautomat - steigen die Anfragen zu Sicherheitssystemen. "Der Schaden bei einer Bankomat-Sprengung ist ein Wahnsinn. Es wird nicht nur Geld gestohlen, es besteht auch das Risiko von Schäden am Gebäude oder Verletzten", sagt Gerald Wegl, Geschäftsführer der Firma Elektronische-chemische-mechanische Alarmsysteme (ECMAS).
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Der Betrieb mit drei Mitarbeitern aus Atzenbrugg in Niederösterreich entwickelt Bankomatsicherheitssysteme wie Bargeld-Färbeanlagen. Diese Alarmpakete bewirken, dass die Scheine eingefärbt und somit unbrauchbar werden, wenn ein Bankomat angegriffen oder die Geldkassette herausgerissen wird. Die nicht abwaschbare Farbe hinterlässt Spuren auf Kleidung und dem Fluchtauto und kann bei der Fahndung helfen. Eine Explosion verhindert ein Sprengschutzsystem: Dieses erkennt brennbare Gase, wenn sie in den Automaten eingeleitet werden, und machen sie chemisch unschädlich.
Verankerung ist wichtig
"Das Wichtigste ist die Verankerung des Bankomaten", betont Wegl. Für die Installationsfirmen, die die mehrere hundert Kilo schweren Geräte befestigen, haben die Bankomathersteller daher Einbauvorschriften. Als besonders gefährdet gelten Geräte nahe der Grenze oder Autobahnen.
Gegen das Ausspähen der Kartendaten werden die Noppen für den Sichtschutz beim Eintippen per Hand aufgebracht: Dies soll verhindern, dass eine gefälschte Tastatur angebracht wird. Die Gummistreifen am Karteneinzug werden auch händisch angebracht, damit kein Aufsatz hinaufgesteckt werden kann, mit dem der Magnetstreifen der Karte kopiert werden kann.
Zudem werden die Bankomaten mit einer Kamera überwacht, die alle paar Sekunden Bilder aufzeichnet. Für den Betrieb der Kameras ist der Kartendienstleister Paylife zuständig, ebenso wie für Bankomat-Software und Karten-Chips.
Damit die Bankomaten auch funktionieren, ist viel Technik im Hintergrund nötig. "Wenn die Bankomaten zehn Minuten stehen, ist das schon unangenehm", sagt Paylife-Geschäftsführer Peter Neubauer. Im Vorjahr waren die Bankomaten in Summe eine Stunde lahmgelegt. Paylife steht im Eigentum der österreichischen Banken und wickelt für diese die Bargeldbehebungen ab. In den ein bis eineinhalb Sekunden, bis die Scheine aus dem Gerät kommen, werden die Daten in die Schweiz und zurück geschickt.
Will jemand Geld abheben, werden die Daten verschlüsselt vom Bankomat an das Rechenzentrum in Kapfenberg geschickt. Das Rechenzentrum Earth Data Safe von Kapsch BusinessCom liegt in einem Stollen bis zu 250 Meter tief unter Tag, wodurch die Daten vor Hochwasser, Erdbeben, Explosionen und Unwettern geschützt sind. Redundante Verbindungen an das Strom- und Datennetz sollen für einen ausfallsfreien Betrieb sorgen. Der Stollen wurde im 2. Weltkrieg erbaut und 2002 umgebaut. Elf Mitarbeiter arbeiten rund um die Uhr vor Ort.
Rechenzentrum im Stollen
Mit dem Lift geht es 29 Meter hinunter in den Stollen, sieben Sicherheitszonen verhindern unbefugtes Eindringen, wie bei einer Presseführung gezeigt wurde. Die Behebungsdaten von ganz Österreich werden von Geräten auf einer nur rund zehn Quadratmeter großen Fläche gesammelt, die auch doppelt vorhanden sind.
Von der Steiermark werden die Daten an ein Rechenzentrum in der Schweiz geschickt. Dort gehen Abfragen an Kartenanbieter wie Maestro hinaus, die die Behebung freigeben. Einmal täglich werden die Behebungen zwischen den Banken abgeglichen und die Differenz überwiesen.
Davon merkt der Bankkunde nichts, wenn er Geld - die beliebteste Summe ist 100 Euro - abhebt. Pro Sekunde werden vier Transaktionen in Österreich abgewickelt. Bundesweit stehen fast 8000 Bankomaten. Diese Zahl schien beim Start vor 31 Jahren in weiter Ferne: "Damals glaubte man, dass man mit 120 bis 300 Bankomaten das Auslangen findet", sagt Neubauer.
Dossier: Betrug an Bankomaten