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Wie Sparen auf Österreichisch aussieht

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare

Geraten politische Sonntagsreden auf die unbestechliche Waage der Realität, kommt gerne eine Groteske oder eine geschwollene Zornesader heraus. Da hämmert uns die politische Klasse unermüdlich ein, dass Bildung das wertvollste Kapital und daher massiv zu fördern sei. Nun lieferte die Realität das demaskierende Dementi: Die Mittel für Österreichs Universitäten werden gekürzt. Zeitgleich kündigte Deutschland mehr Geld für die Universitäten an.


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Nicht minder inbrünstig trichtert uns die politische Klasse ein, dass wir sparen müssten, um in der Wirtschaftskrise nicht abzusaufen. Eh klar, aber: Mit Neuverschuldung und Schuldenstand durchbricht Österreich die EU-Normen. Und das gelingt so locker, weil das Sparen dort verweigert wird, wo es sooo leicht fiele - behaupten jedenfalls die Sonntagsredner.

Hurra-patriotischer Föderalismus, gemixt mit parteipolitischem Wählerfang, mutet uns den Assistenzeinsatz des Bundesheeres im Burgenland zu. Der kostet pro Aufgriff 2,4 Millionen Euro, weil die politische Klasse zielsicher mit "Sicherheit" agitiert. Folge: Laut Umfragen glauben tatsächlich 72 Prozent der Burgenländer, dass patrouillierende Soldaten ohne jede Exekutivgewalt illegale Grenzgänger und Diebesbanden vom Balkan abschrecken. Dass die Soko Ost das hundert Mal effektiver zu einem Bruchteil der Kosten hinkriegt, ist den pannonischen Wahlkämpfern offensichtlich wurscht.

Gegenbeispiele: In mehreren Umfragen lehnten durchschnittlich 70 Prozent der Deutschen Steuersenkungen ab. Mit diesem Rückenwind blies Angela Merkel endlich der FDP das Flackern mit Steuergeschenken aus. In London stand binnen fünf Tagen die konservativ-liberale Koalition, die als Auftakt zum allgemeinen Sparen die Gagen der Minister kürzte.

Undenkbar in Österreich. Da finanziert der Steuerzahler die "Parteienförderung" mit rund 138 Millionen Euro - um rund fünf Millionen mehr als im zehn Mal größeren Deutschland! Und in sensationeller Eintracht steigerten die Parteien die Leistungsfähigkeit des Goldesels Steuerzahler seit 1980 um fast das Sechsfache. Noch toller: Rund 12 Steuermillionen kassieren die "Parteiakademien". Davon färbt nichts auf die Wahlwerbung mit der geballten Anti-Intelligenz von Drei-Wörter-Stummelsätzen und Banal-Lyrik ab. Und am tollsten: "Datenschutz" verwehrt dem Rechnungshof den Durchgriff auf die "sonstige" Parteienfinanzierung, die rund 170 zusätzliche Millionen scheffelt. Mit diesem "Datenschutz" hält sich die parteipolitische Obrigkeit wiederum beispielhaft einträchtig die hilf- und wehrlosen Untertanen vom Leib. Was Wunder, dass sich Politik(er)verdrossenheit in Wahlenthaltung niederschlägt. Dafür kassiert das Volk auch noch den Rüffel vom hohen Ross, es stehle sich aus der "demokratischen Pflicht".

Franz Grillparzer sah Österreichs Fluch darin: "Auf halbem Weg mit halber Kraft zu halben Zielen fortzuschreiten!" Den Fluch von heute beschreibt das leider nur unzureichend.

Clemens M. Hutter war bis 1995 Ressortchef Ausland bei den "Salzburger Nachrichten".