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Wie stark darf der Koalitionspartner sein?

Von Christian Rösner

Politik

Michael Ludwig wird bei seiner Partnerwahl nicht nur auf das günstigste Angebot schauen. Eine Analyse.


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Die SPÖ Wien, gestärkt durch das Ergebnis der Wien-Wahl, befindet sich nun in einer bequemen Situation: Die Grünen möchten in der Stadt weiterhin mitregieren, auch die Neos wollen ihre erste Chance auf eine Regierungsbeteiligung ergreifen. Und ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel hat während des gesamten Wahlkampfes erklärt, dass er Vizebürgermeister werden will.

Während in den vergangenen Tagen von den Medien die SPÖ-Neos-Variante verstärkt aufgegriffen wurde, scheint für alle eine große Koalition immer unwahrscheinlicher: Die SPÖ müsste der zweitstärksten Partei, die wohl nicht nur das Finanzressort für sich beanspruchen würde, zu viele Zugeständnisse machen. Außerdem wäre diese Variante vor allem für Sebastian Kurz sehr unattraktiv, verliert er doch einen wichtigen politischen Reibebaum, würden plötzlich seine eigenen Leute in der immer so gerne kritisierten Wiener Stadtregierung sitzen. Da hat er es mit den Grünen schon schwer genug.

Die Steckbriefe

Die sind jedenfalls für Ludwig in Wien billiger zu haben als die ÖVP. Und sie haben auch mehr zu verlieren in Wien. Das weiß natürlich auch Ludwig, den es dann auch nicht stört, wenn jetzt alle so gerne über die SPÖ-Neos-Variante sprechen. Denn das setzt wiederum die Grünen bezüglich der Koalitionsverhandlungen unter Druck. Denn eines ist allen Playern in diesem Spiel klar: Die Neos gibt’s am billigsten.

Die Frage ist nur, wie groß und dementsprechend durchsetzungsstark die Mehrheit im Stadtparlament mit den jeweiligen Varianten ist. Und natürlich auch, wie viel Einflussmöglichkeiten die einzelnen Parteien in der Stadt haben. Mit gemeinsam 69 Sitzen von 100 im Gemeinderat (48 und 21) hätte Rot-Türkis die größte Mehrheit. Rot-Grün würde über 63 Sitze (48 und 14) im Gemeinderat verfügen. SPÖ-Neos nur 56 (48 und 8).

Um sich ein Bild von der Größe der potenziellen Koalitionspartner machen zu können, sind vielleicht folgende Daten und Fakten interessant: Die Grünen haben in Wien 203 Bezirksräte und Bezirksbüros in 18 Bezirken. Das Landesbüro verfügt eigenen Angaben zufolge über 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, teilweise Vollzeit, teilweise Teilzeit. Im Wahlkampf wurden über Stundenkontingente zusätzlich 10 Personen als Wahlkampfverstärkung angestellt, hieß es auf Nachfrage. In den Bezirks- und Teilorgansiationen sind weitere 15 Personen, größtenteils Teilzeit beschäftigt. Die Wahlkampfausgaben der Grünen haben sich auf rund 1,65 Millionen Euro belaufen.

Grünes Verhandlerteam steht

Die Neos halten 58 Mandate in den Bezirksvertretungen, haben aber keine Büros in den Bezirken. Der Rathausklub beschäftigt aktuell 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Landespartei 9 Mitarbeiter. Die ÖVP hat 147 Bezirksräte, die Anzahl der Mitarbeiter beträgt maximal 30 und sie verfügt über vier Bezirksbüros. Über die Wahlkampfkosten wollte die Partei nicht sprechen.

Im Vergleich dazu hat die Wiener SPÖ insgesamt 407 Bezirksräte, 23 Bezirksbüros und mehr als 50 Mitarbeiter. Für den Wahlkampf wurden rund 5,7 Millionen Euro ausgegeben, wie es am Dienstag hieß.

Man sei jedenfalls bereit für Koalitionsverhandlungen, tönte es am Dienstag aus dem Grünen Klub. Und obwohl Michael Ludwig die Grünen noch gar nicht zu Koalitionsgesprächen eingeladen hat, haben diese bereits ein sechsköpfiges Verhandlungsteam zusammengestellt. Darunter neben Vizebürgermeisterin Birgit Hebein und Klubobmann David Ellensohn auch Budgetsprecher Martin Margulies und die Quereinsteigerin Judith Pühringer, die mit Listenplatz 3 fix im Gemeinderat vertreten sein wird. Und die Grünen machen keinen Hehl daraus, dass sie gerne die seit 2010 bestehende rot-grüne Zusammenarbeit in der Stadt weiterführen wollen, doch: "Der Ball liegt beim Bürgermeister."

Vier Kernthemen der Neos

Ähnlich formuliert es Neos-Klubobmann Christoph Wiederkehr: Sobald das endgültige Endergebnis vorliegt, sei die SPÖ am Zug. "Wir gehen davon aus, dass Michael Ludwig uns zu Gesprächen einlädt."

Die Neos wollen laut ihrem Obmann in erster Linie über vier Kernthemen in den Verhandlungen diskutieren: Bildung, Arbeitsmarkt, Klimaschutz und Transparenz. In Verkehrsfragen, so erklärte Wiederkehr, werde man eine "sehr konstruktive Haltung" einnehmen. Und das wahrscheinlich nicht ganz ohne Grund: Vor allem bei diesem Thema war es immer wieder zu Streitereien zwischen der SPÖ und den Grünen gekommen.