Sucht macht krank. Erschreckende Zahlen liegen vor. Tabak- und Alkoholabhängigkeit weisen bei uns Spitzenwerte auf. Auch die Tablettensucht zeigt steigende Tendenz. Nahezu ein Drittel der Österreicher ist dem Tabakkonsum verfallen, das sind 2,3 Millionen.
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Das Rauchverhalten kann man heute objektivieren. Einerseits wird die psychologische Abhängigkeit durch den bekannten Test nach Fagerström gemessen, andererseits die objektive Schadstoffbelastung durch die Messung der Kohlenmonoxidmenge in der Ausatemluft. Tabakkonsumenten sind unterschiedlich abhängig und unterschiedlich schadstoffbelastet, sie brauchen daher auch unterschiedliche Therapieansätze.
Allgemeine Maßnahmen wie gesundheitliche Aufklärung erreichen in erster Linie diejenigen Tabakkonsumenten, die wenig abhängig und wenig schadstoffbelastet sind, also jene, die auch ohne fremde Hilfe aufhören können. Da diese Personengruppe auch ein relativ geringes Krankheitsrisiko darstellt, wird nur eine geringe Wirkung auf die tabakbezogenen Krankheiten und damit nicht der gewünschte volkswirtschaftliche Effekt für das Gesamtsystem erzielt.
Es geht um die Behandlung extrem abhängiger Raucher
Ein Beispiel: Am besten wird dies am Bronchuskarzinom deutlich. In einem immer jüngeren Alter erkranken die Betroffenen. Das Sterbealter bei Männern, die diese Krankheit in Österreich bekommen, sinkt. Die klinische Medizin konnte nicht helfen.
Die Schlussfolgerung ist eindeutig: Es geht um die Behandlung der extrem abhängigen Raucher, und zwar mit allen medikamentösen und nicht-medikamentösen Methoden. Die Forschungsergebnisse lassen erkennen, dass jedem Raucher geholfen werden kann, der sich helfen lassen will. Freilich gibt es keine sichere Heilung von der Tabakabhängigkeit, Rückfälle sind jederzeit möglich. Die vom Institut für Sozialmedizin der Universität Wien und dem Nikotin-Institut Wien entwickelten Konzepte reichen von Kurzinterventionen bis zu stationären Behandlungsverfahren.
Nicht jede Art des Aufhörens kann aus wissenschaftlicher Sicht auch empfohlen werden. Gelegentlich werden im Versandhandel auch gefährliche Produkte und fragwürdige Methoden zur Rauchentwöhnung angeboten. Auch hierüber hat die Wiener Forschung Resultate vorlegen können.
Droge Alkohol
Etwa 20 Prozent der österreichischen Bevölkerung (15 Prozent der Männer und fünf Prozent der Frauen) sind mehr oder weniger alkoholabhängig, zehn Prozent (acht Prozent der Mäner und zwei Prozent der Frauen) gelten als Alkoholiker. Noch schlimmer: 14 Prozent der 13- bis 14jährigen gehören zu regelmäßigen Alkoholkonsumenten, wobei jedes weitere Lebensjahr eines Jugendlichen den Griff zur Flasche potenziert.
Weitere Zahlen sind nicht minder alarmierend; so sterben jährlich in Österreich an die 8.000 Alkoholiker. Dementsprechend vermindert sich auch die Lebenserwartung um bis zu 20 Jahre. Und wie bei jeder Sucht haben die Alkoholabhängigen mit körperlichen und geistigen Einbußen zu rechnen. Die Arbeitsleistung sinkt, das Verkehrsrisiko steigt.
Bei Jugendlichen besteht überdies die Gefahr, dass sie auf stärkere Stimulanzdrogen umsteigen, beginnend bei Cannabis. Die Statistik weist aus, dass sechs Prozent in dieser Übergangsphase mit stärkeren Drogen experimentieren. Die Weltgesundheitsorganisation hat mit einer Deklaration "Jugendliche und Alkohol" reagiert. Erwiesen ist auch, dass die Österreicher, je älter sie werden, umso mehr trinken. Damit wird die Droge Alkohol auch zu einem sozialen Problem. In der Familie, im Freundeskreis und in der beruflichen Ausübung kommt es vermehrt zu Spannungen, die sich noch erheblich steigern können, wenn der Alkoholkonsument an einer der vielen Krebsarten erkrankt, die Alkohol auslösen.
Alkoholentzugstherapien schaffen Abhilfe
Zunächst können Psychotherapeuten zu Rate gezogen werden. In weiterer Folge wird das Sozialmedizinische Zentrum Baumgartnerhöhe über die Behandlung entscheiden. Um die Rückfallrate zu reduzieren, wird die Entzugsbehandlung dahingehend gelenkt, dass die psychische Begierde nach Alkohol eingeschränkt wird. Seit kurzem gibt es eine Hotline zur Hilfestellung. In Behandlung befindliche Alkoholkranke berichten über ihre Entwöhnung und bieten Rat und Hilfe an.
Die Sucht nach der Pille
Laut Statistik sind 110.000 Österreicher medikamentenabhängig. Frauen stellen mit 60 Prozent den stärkeren Anteil. Hiervon ist der größere Teil psychosomatisch bedingt. Vorrangig ist hier das Spannungsfeld zwischen Familie, Beruf und konfliktreichen Situationen im Alltagsleben. Mit einem Psychopharmakonsum soll Frust und Defiziten im Lebensgefühl entgegenwirkt werden. Um das zu erreichen, können auch Gruppentherapien mit Information und breitem Erfahrungsaustausch Belastungen abbauen. In Einzelgesprächen wird gezielt auf die persönlichen Bedürfnisse des Abhängigen eingegangen.
Tabletten der besonderen Art dienen der Gewichtsabnahme. Das geht oft Hand in Hand mit einer unkontrollierten Diät. Niemand will schließlich dicker oder zu dick sein. Hinter den Attacken auf den eigenen Körper steht das glorifizierte Wunschbild eines superschlanken Models. Das Selbstbild soll möglichst nahe an das angestrebte Idealbild herangeführt werden. Doch starker und womöglich plötzlicher Gewichtsverlust bei gleichzeitig schlechter körperlicher Verfassung und einer familiären Problematik macht häufig eine stationäre Behandlung nötig. Allen Maßnahmen gehen Aufklärungsgespräche voraus, um ja keine falschen Erwartungen zu wecken. Denn nach bisherigen Erfahrungen ist erwiesen: Ohne gezielt angestrebte Normalisierung der Essgewohnheiten und einer Verhaltensänderung bleibt der gewünschte Erfolg aus.
Unserer Zeit blieb es vorbehalten, eine neuartige Sucht hervorzubringen, die Internetsucht. Die Sucht steckt noch in den Kinderschuhen und ist als Krankheit nicht anerkannt. Doch wird von medizinischer Seite bereits darauf hingewiesen, dass Internetsüchtige mit ihrem sozialen Umfeld in Konflikt geraten können.