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Wie Tachinierer zu Lieblingen werden

Von Brigitte Pechar

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In der gesamten Debatte um Berufsheer oder Wehrpflicht und die damit verbundene Frage Zivildienst oder nicht müssen einmal Äpfel von Birnen getrennt werden. Die Frage über die künftig sinnvollste Form der Landesverteidigung muss fein säuberlich von jener der Versorgung gesellschaftlicher Einrichtungen mit Hilfskräften getrennt werden. Dass die ÖVP also ganz plötzlich ihre Liebe zu den bisher ungeliebten Zivildienern - von vielen als "Drückeberger" gesehen - entdeckt, ist geradezu ein plumper Annäherungsversuch. Der Zivildienst wurde unter Bruno Kreisky eingeführt und bevorzugt von Linken oder "hoffnungslosen Idealisten" wahrgenommen. Erst in den jüngsten Jahren - mit zunehmender Bedeutung des Pflegebereichs - wurden die Zivis als wertvoller Teil der Gesellschaft betrachtet. Der Tachinierer-Vorwurf hat sich lange in den Köpfen der Menschen gehalten. Jetzt, wo es um die Abschaffung der Zivildiener geht, haben sie auf einmal alle lieb. Sehr schön.

Sicher ist, dass die Politik Freiwilligentätigkeit fordern und fördern soll. Eine Gesellschaft, in der alles bezahlt werden muss, verliert den Zusammenhalt, verliert den Blick auf den Mitmenschen und das Wesentliche. Das bedeutet nicht, dass der Staat aus seiner Verantwortung entlassen wird. Aber die staatliche Verantwortung braucht stets auch soziales Engagement als Ergänzung - sonst bleibt die Chose hohl.