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Wie Tarnläden Kunden anlocken

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Rohre an der Decke und Kartons stapeln sich: Bei der Einrichtung von temporären Läden wird gespart, wie im Geschäft von Ed Hardy in Wolfsburg. Foto: Joachim Hurth

Standorte häufig in abgelegenen Lagen. | Verbreitung via Mundpropaganda. | Heimische Designer und Adidas mit Pop Up Stores in Wien. | Wien. Sie werden kaum beworben, tauchen wie aus dem Nichts auf und schließen schon nach kurzer Zeit wieder: Immer häufiger sperren Händler Geschäfte bewusst nur für einen kurzen Zeitraum auf. Mit temporären Ladenkonzepten wollen Firmen jene Kunden ansprechen, die sie mit Anzeigenkampagnen nicht erreichen. "Zielgruppe dieser temporären Läden sind Trendsetter, also die hippe, junge Kundschaft", sagt Joachim Hurth, Professor für Handelsbetriebslehre an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfsburg.


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Die sogenannten Pop Up Stores (abgeleitet vom englischen pop up - plötzlich auftauchen) oder auch Guerilla Stores werden nicht offiziell beworben, sondern nur über Mundpropaganda verbreitet oder in Internetforen oder Blogs angekündigt. Damit soll ein Gefühl der Exklusivität entstehen - der Kunde muss erst einmal an den "Geheimtipp" gelangen, wo und wann der Pop Up Store geöffnet hat, damit er die Produkte kaufen kann. Häufig ist für die Kunden nicht ersichtlich, wie lange das Geschäft noch geöffnet sein wird - die künstliche Verknappung verlockt Kunden dazu, lieber gleich zu kaufen. Die Öffnungsdauer kann zwischen wenigen Tagen und mehreren Monaten liegen.

Unscheinbar in Fabrik

Häufig sind Pop Up Stores auf den ersten Blick gar nicht als Geschäft zu erkennen - sie befinden sich in Lager- oder Fabrikhallen oder an abgelegenen Orten abseits der großen Einkaufssstraßen. Bei der Einrichtung und der Miete wird gespart. Häufig werden Pop Up Stores mit Veranstaltungen wie Ausstellungen und Musik verbunden. Damit die Eröffnung legal ist, muss der Händler eine weitere Betriebsstätte beim Magistrat anmelden, heißt es aus der Rechtsabteilung der Wirtschaftskammer.

Um die Kundschaft in den Laden zu locken, werden limitierte Waren angeboten oder Produkte, die sonst nicht im Handel erhältlich sind - oder es wird ein Preisvorteil gewährt. "Solch ein zusätzlicher Bonus ist wichtig, damit das Konzept funktioniert", sagt Hurth.

Mit den Pop Up Stores wollen sich Marken einen modernen Anstrich verpassen. Traditionelle Marken können durch die Läden neue, junge Kunden gewinnen. Bestehende Kunden können durch Schnäppchen an die Marke gebunden werden. Geeignet seien Pop Up Stores für Textil- und Schuhanbieter sowie für Designerartikel von hochwertigen Haushaltswaren bis hin zu Dekorationsartikeln, meint der Handelsexperte.

Luxus auf der Baustelle

Geprägt hat die Guerilla Stores die japanische Modemarke Comme des Garcons, deren Konzept darin besteht, Läden für ein Jahr in einer Stadt zu betreiben und dann wieder zuzusperren. Der erste Guerilla Store der Marke eröffnete im Jahr 2004, seitdem wurden temporäre Läden von Barcelona bis Beirut aufgemacht.

Nach diesem Vorbild eröffnet Unit F, eine Förderplattform für zeitgenössisches österreichisches Modedesign, jährlich im Rahmen des "Festivals for Fashion & Photography" einen Guerilla Store in Wien. Dieser führt österreichische Marken, die sonst schwer zu bekommen sind. Heuer stellte das Modehaus Liska am Hohen Markt seine Verkaufsfläche zur Verfügung. "Wir wollen ein Zeichen setzen, dass österreichische Mode verkaufbar ist", sagt Unit-F-Geschäftsführer Andreas Oberkanins.

Eine "Block Party", die das Lebensgefühl der Marke inszenierte, feierte der Sporthersteller Adidas zur Eröffnung ihrer "Adidas Originals Neighborhood" mit einem Pop Up Store im Mai in der Lerchenfelder Straße in Wien. Im Laden wurden für eine Woche Produkte verkauft, die sonst nicht in Österreich erhältlich sind. Kommuniziert wurde die Eröffnung im Internet, über Flugblätter sowie Poster.

Im Gegensatz zu Österreich haben sich die Pop Up Stores bei den deutschen Nachbarn schon weiter verbreitet. "Früher oder später werden Pop Up Stores auch nach Wien kommen, weil Wien ein hippes Image hat", erwartet Hurth.

Berlin ist das Zentrum in Deutschland, aber auch in anderen Städten tauchten schon Pop Up Stores auf: In Wolfsburg eröffnete ein temporärer Laden der Modemarke Ed Hardy. Ray Ban verkaufte kurzfristig Sonnenbrillen am Gärtnerplatz in München. Die Brillen waren auf Baustellengerüsten ausgestellt, durch Baustrahler und eine Riesen-Malerrolle zum Sitzen wurde Baustellencharakter simuliert. Wie auf einer Baustelle sah auch der temporäre Laden der Luxusmarke Louis Vuitton aus, der im Untergeschoß eines Kaufhauses in Tokio aufsperrte. Die Taschen waren auf Stapler drapiert, damit unterschied sich das Geschäft von noblen Louis Vuitton-Shops.

Auch wenn immer mehr Unternehmen Pop Up Stores als Marketingmaßnahme entdecken: "Mit einem Pop Up Store wird ein Unternehmen nie große Marktanteile generieren, es wird ein Nischenmarkt bleiben", sagt Hurth.