"Ibiza" hat kaum geschadet. Die FPÖ ist zurück im politischen Geschäft.
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Die FPÖ hat es weder ihren Gegnern noch ihren Lebensabschnittspartnern einfach gemacht. Leicht war und ist es immer nur, sich über die FPÖ eine Meinung zu bilden, je kantiger desto besser. Dabei waren die vergangenen zwei Jahre eine abenteuerliche und haarsträubende Achterbahnfahrt.
Im Frühjahr 2019 schien die Partei auf dem Gipfel ihres Einflusses. In der, zumindest nach außen hin, harmonischen Koalition mit der ÖVP hatte es die FPÖ in die erste Reihe der Republik geschafft. Die Freiheitlichen schienen, nach Jahrzehnten der inneren wie äußeren Distanz und der nach wie vor bei vielen bestehenden Ablehnung, in der Zweiten Republik angekommen.
Die Ibiza-Affäre beendete diesen Höhenflug und offenbarte einmal mehr das in der FPÖ schlummernde Potenzial zur Selbstzerstörung. Doch der Absturz selbst verlief verhältnismäßig glimpflich. Sicher, die Wahlniederlagen 2019 im Bund und 2020 in Wien waren brutal, doch gelang es, alle Schuld den Ibiza-Sündenböcken HC Strache und Johann Gudenus aufzuladen. Die Partei selbst war schneller wieder zurück im politischen Geschäft, als sie es selbst erhofft hatte.
Das zeigt sich insbesondere im Parlament. Im Ibiza-U-Ausschuss spielt "Ibiza" nur noch eine Nebenrolle, die Energie der Opposition richtet sich gegen die neue und alte Kanzlerpartei. Das entspricht der Logik der aktuellen Machtverteilung, die die ÖVP einsam an der Spitze sieht.
Trotzdem ist es bemerkenswert, wie schnell und reibungslos die FPÖ vom Paria zum Bündnispartner für SPÖ, Neos und teilweise auch die Grünen im Nationalrat wurde. Und das beschränkt sich keineswegs nur auf den U-Ausschuss; sogar die Sondersitzung des Nationalrats zum Frauentag wurde von Rot, Pink und Blau gemeinsam beantragt. Im Zuge dieser politischen Resozialisierung im Verein mit den Corona-Verwerfungen erholen sich auch die Umfragewerte der FPÖ. Genau entgegengesetzt entwickelte sich das Verhältnis zur ÖVP: Aus den Partnern sind erbitterte Gegner geworden. Am Montag forderte die Kanzlerpartei den Rücktritt von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, der bei der eskalierenden Anti-Corona-Demonstration am Samstag eine aufpeitschende Rede im Stile Donald Trumps gehalten hatte.
Wie also umgehen mit der FPÖ? Die Isolierung in den 1990 Jahren hat die Partei nicht nur nicht geschwächt, sondern eher noch gestärkt. Kickl arbeitet an einer Neupositionierung der FPÖ als neue alte Fundamentalopposition. Gibt es dabei für die Konkurrenz rote Linien, oder akzeptieren alle den Primat des strategischen Eigeninteresses im Umgang mit der FPÖ? So oder so wird diese Frage die künftige politische Lage mitprägen.