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Wie verfahren mit Defiziten?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Gegen 24 der 27 EU-Länder gibt es Defizitverfahren. Griechenlands Bonitätseinstufung hat sich verschlechtert, Spanien wird derzeit schlechtgeredet und durch Bulgarien könnte Osteuropa erneut in ein schiefes Licht rücken. Trotzdem werden die EU-Regierungschefs bei ihrem Gipfel versuchen, Normalität zu leben.


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Ein bisschen ist die Situation wie ein Tanz auf dem Vulkan. Natürlich kann die Politik nicht alle Probleme auf einmal lösen. Doch Europa läuft im Moment in ein anderes Problem: Wegen der 24 Defizitverfahren (bei einer Neuverschuldung von mehr als drei Prozent der Wertschöpfung) beginnen alle Länder zu sparen. Auch bei den öffentlichen Investitionen.

Und das ist wieder Gift für die Arbeitsmärkte. Bisher haben sich einige Länder - auch Österreich - in der Krise gut gehalten. Mit subventionierter Kurzarbeit und unternehmerischer Verantwortung konnte verhindert werden, dass die Krise voll auf den Arbeitsmarkt durchschlägt.

Das wird in diesem Ausmaß allerdings kein zweites Mal möglich sein. Die EU-Länder müssen eine Antwort finden, wie sie einsparen und trotzdem keine hohe Arbeitslosigkeit hinnehmen. Der Satz "hohe Schulden sind unsozial" mag richtig, Arbeitslosen aber herzlich egal sein.

Die Regierungschefs werden bei ihrem Treffen erklären, dass das neue Wirtschaftsprogramm 2020 die Antwort liefere: Bildung und Forschung. Auch ein richtiger Satz, und auch der wird einem Arbeitslosen wurscht sein. Die EU muss eine kurzfristige Antwort finden, und diese Antwort liegt bei den Defizitverfahren. Intelligent sparen heißt auch, dass nicht alle 24 betroffenen Länder gleichzeitig beginnen, ihre Defizite zu reduzieren. Jene Länder, die stark im Export sind (wie auch Österreich), tun sich leichter, sie müssen das nicht sofort machen wie beispielsweise Griechenland. Dass Deutschland mit seinem Sparpaket vorgeprescht ist, sagt viel über den erbärmlichen Zustand der Berliner Koalition. Und es beweist auch, dass die wirtschaftspolitische Kompetenz dort nicht sehr breit gestreut ist. Zur "Agenda 2020", wie die EU ihr Wirtschaftsprogramm nennt, gehört auch, den Defizitabbau klug zu staffeln. Sonst wird die Situation noch verfahrener.