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Wie viel Gier erträgt die Wirtschaft?

Von WZKorrespondent Urs Fitze

Wirtschaft

Rotes Tuch: Managergehälter. | Transparenz und Selbstbeschränkung helfen kaum. | Davos. (uf) Spitzenlöhne von 30 Millionen Franken (20 Millionen Euro) laden zu provokanten Bemerkungen ein. An der ersten Gesprächsrunde beim "Open Forum" in Davos im Rahmen des Weltwirtschaftsforum " in Davos haben sie auch nicht gefehlt. Thomas Minder, Chef und Inhaber der Schaffhauser Kosmetikfirma Trybol, sprach etwa von "krankhafter Abzockerei" auf vielen Chefetagen. Minder hat im vergangenen Herbst eine Volksinitiative "gegen die Abzockerei" lanciert, die den Schweizer Managern künftig strikte Lohnregeln auferlegen will.


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Tatsächlich sind die Löhne vieler Manager in den vergangenen Jahren förmlich explodiert. Das haben in Davos auch die hartnäckigsten Verteidiger der heutigen Entlöhnungssysteme wie der Zürcher Unternehmensberater Björn Johansson nicht bestritten. Gleich in mehreren Großkonzernen liegen sie im hohen zweistelligen Millionenbereich.

Nach einer Untersuchung der Gewerkschafts-Dachorganisation Travail Suisse bewegt sich das Verhältnis zwischen den niedrigsten und den höchsten Löhnen etwa bei der Schweizer Bank UBS bei eins zu 544. Doch von diesen Unterschieden profitieren nur wenige. Laut der Stiftung Ethos, die die Spitzengehälter bei den 100 größten börsenotierten Schweizer Unternehmen untersucht hat, gibt es relativ wenige sehr hohe Vergütungen. Zahlreiche Entschädigungen liegen dafür unter dem Mittelwert.

Insgesamt sind die Schweizer Kaderlöhne im europäischen Vergleich aber hoch. Und sie haben in den vergangenen Jahren weit deutlich zugenommen.

Manager schaden sich

Daran haben auch verschiedene Initiativen zur freiwilligen Selbstbeschränkung kaum etwas ändern können.

Ob die auf dieses Jahr in Kraft getretene Offenlegungspflicht etwas bringen wird, steht in den Sternen. Björn Johansson meinte gar, zusätzliche Transparenz habe bislang in andern Länder nur zu noch höheren Gehältern geführt. Die amerikanische Investmentbankerin Hilde Ochoa-Brillembourg votierte dennoch für mehr Transparenz. Diese sei das beste Mittel, um Auswüchse bei den Managerlöhnen zu verhindern. Zu gesetzlichen Regelungen, wie sie die Abzocker-Initiative vorsieht, zeigte sie sich reserviert. So seien in den Vereinigten Staaten einige börsenotierte Unternehmen kurzerhand von der Börse genommen worden, nachdem von Gesetzes wegen die Managersaläre beschränkt worden seien.

Ulrich Grete, Chef des Ausgleichsfonds der Schweizer Rentenversicherung AHV meinte, die in der Schweiz geltenden Bestimmungen seien durchaus ausreichend. Doch viele Aktionäre, namentlich die Pensionskassen, nähmen ihre Aktionärsrechte viel zu wenig wahr. Der Wirtschaftsethiker Peter Ulrich von der Universität St. Gallen vermisst in den Manageretagen das Empfinden für Gerechtigkeit. Die Unternehmensführer schadeten damit der ganzen Wirtschaft, selbst wenn sich einige von ihnen als Wohltäter zu profilieren suchten. "Nichts gegen Spenden. Aber in dieser Form ist das nichts anderes als ein neofeudalistisches Verhalten". Es war dem im Publikum sitzenden früheren CVP-Nationalrat Felix Walker vorbehalten, die auf dem Podium seltsamerweise kaum angesprochene Ethik in manchen Chefetagen grundsätzlich zu hinterfragen. "Heute scheint das Motto zu gelten: Es ist alles erlaubt, was nicht verboten ist. Mit dieser Haltung schaden Manager der ganzen Wirtschaft".

Wissen: Open Forum in Davos

Das "Open Forum" ist eine Begleitveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum (WEF) und möchte die im exklusiven Kreis des WEF geführten Diskussionen in eine breitere Öffentlichkeit tragen. Organisiert wird es vom WEF und der evangelischen Kirche. Bis Samstag sind vier weitere Veranstaltungen im Programm, unter anderem zu den Themen Energiepolitik und multikulturelle Gesellschaft. Die Podien sind meist hochkarätig besetzt. Der Eintritt ist frei.

Das Detailprogramm gibt es unter http://www.sek.ch