)
Lockdowns verlangen der Wirtschaft viel ab, eine unkontrollierte Durchseuchung aber deutlich mehr, meinen Experten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Eines vorweg: Der Schaden, der durch Corona entsteht, ist enorm und durch nichts aufzuwiegen. Allein von Mittwoch auf Donnerstag sind österreichweit 55 Menschen in Folge einer Covid-Infektion gestorben. Fast 500 Personen liegen mit Corona auf einer Intensivstation. Angesichts der dramatischen Lage in den Spitälern gehen nun Salzburg und Oberösterreich in einen Lockdown. Und auch ein bundesweiter Lockdown für alle, also auch für Geimpfte, steht zur Diskussion.
Für zahlreiche Unternehmen sind solche lockdown-bedingten Totalausfälle ohne Covid-Hilfen nicht zu stemmen. Bisher hat Österreich laut Finanzministerium 41,3 Milliarden Euro an Corona-Hilfen begeben; 10,3 Milliarden davon für die Kurzarbeit, die nun wieder ausgeweitet wird. Aber auch eine zu niedrige Impfrate und eine unkontrollierte Durchseuchung sind fatal für die Wirtschaft, warnen Ökonomen.
Eine Milliarde Euro pro Woche
"Es ist sehr schwierig, die aktuelle Situation konkret einzuschätzen", sagt der Ökonom des Wirtschaftsforschungsinstituts, Josef Baumgartner, zur "Wiener Zeitung". Grundsätzlich gilt aber, je höher die Fallzahlen, desto länger der Lockdown und je näher zur Weihnachtszeit hin, desto größer der wirtschaftliche Entgang. Im Schnitt kostete bisher ein harter Lockdown - also Gastro und Hotels, körpernahe Dienstleister und Geschäfte außer jene des täglichen Bedarfs zu - rund eine Milliarde Euro pro Woche, wie Berechnungen des Wifo und des Instituts für Höhere Studien (IHS) zeigen.
"Dabei fiel der erste Lockdown im Frühjahr 2020 mit 1,7 Milliarden Euro pro Woche am stärksten ins Gewicht", erklärt Baumgartner, weil damals neben den Schließungen auch der produzierende Sektor stark von Auftragstornierungen und unterbrochenen Lieferketten betroffen war. Während Lockdown zwei (im November 2020) und drei (Jänner 2021) beliefen sich die wirtschaftlichen Schäden auf 800 Millionen beziehungsweise 1 Milliarde Euro pro Woche.
Und auch die derzeit geltenden Einschränkungen für Ungeimpfte - sie dürfen nicht in Lokale, in Geschäfte abseits von Supermärkten oder zu körpernahen Dienstleistern - dürfte die Umsätze von Wirten und Geschäftsbetreibern schmälern. Laut einer Schätzung der Johannes Kepler Universität in Linz, lässt der Wegfall von ungeimpften Kunden die Ausgaben im Non-Food-Handel um 30 Millionen Euro pro Tag sinken. Der Handelsverband spricht von wöchentlichen Einbrüchen von 350 Millionen Euro. Das natürlich unter der Annahme, dass Ungeimpfte tatsächlich nicht shoppen gehen und Impfkontrollen überall stattfinden.
Hohe Fallzahlen, viele Stornos
Kein Lockdown ist aber auch keine Lösung - auch aus wirtschaftlicher Sicht nicht. "Die langfristigen wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Schäden einer unkontrollierten Durchseuchung können wir noch gar nicht einschätzen, aber sie wären massiv", sagt die Ökonomin und Direktorin von Eco Austria, Monika Köppl-Turyna, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Wenn man nämlich gar nichts macht, muss man neben den gesundheitlichen und psychischen Folgen mit Krankenständen, steigenden Gesundheitskosten, Folgen von Long-Covid und damit einhergehender langfristiger Arbeitsunfähigkeit rechnen, sagt die Ökonomin. Und mit Reisewarnungen für Österreich.
Letztere treffen vor allem den heimischen Wintertourismus. Seit Deutschland Österreich zum Hochrisikogebiet erklärt hat und Ungeimpfte und Kinder unter 12 Jahren nach der Rückkehr aus Österreich in Quarantäne müssen, hagelt es vor allem Stornos im Westen des Landes. Die Mitgliedsbetriebe der Hoteliervereinigung (ÖHV), die die gehobene Hotellerie vertritt, erwarten laut einer Umfrage, dass 51 Prozent des Buchungsvolumens bis Anfang Jänner von Stornos betroffen sein wird. Die angespannte Corona-Lage drückt auch ohne Lockdown die Konsum-Stimmung, meint Baumgartner, weil Menschen vorsichtiger werden, weniger ausgehen und sich zurückziehen.
Impfbonus gefordert
Weil vor allem ungeimpfte Menschen mit schweren Covid-Verläufen im Krankenhaus landen, forderte der Rektor der MedUni Wien, Hellmut Samonigg, am Sonntag im ORF einen Impfbonus von 1.000 Euro, um die Impfquote zu erhöhen und das Infektionsgeschehen zu bremsen. "Ökonomische Anreize könnten durchaus sinnvoll sein", meint Köppl-Turyna, und vermutlich billiger als Lockdowns und Corona-Folgekosten.
Eine Studie der Universität Kopenhagen hat die Wirkung monetärer Anreize auf die Impfbereitschaft in Schweden untersucht. Die Forscher kommen zum Schluss, dass eine Impfprämie von 25 US-Dollar, die Impfquote um 4 Prozentpunkte erhöhen konnte - von 71 auf 75 Prozent der impfbaren Bevölkerung.