Bis zum Jahr 2006 will die Regierung das Angebot an Nachmittagsbetreuung um mindestens 10.000 Plätze erweitern. Vorerst soll allerdings eine Erhebung über den Ist-Zustand und den regionalen Bedarf an Betreuung erfolgen, wie Bildungsministerin Elisabeth Gehrer, Sozialstaatssekretärin Ursula Haubner und Frauenministerin Maria Rauch-Kallat am Donnerstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz betonten. Konkrete Ergebnisse sollen Ende Dezember vorliegen.
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Im Rahmen eines Runden Tisches Donnerstag Vormittag zum Thema "Kinderbetreuung - Schwerpunkt Altersstufe 6-15 Jahre" haben RegierungsvertreterInnen gemeinsam mit LändervertreterInnen diese Vorgangsweise beschlossen.
In einer Studie des market-Instituts soll neben des regionalen Bedarfs an Nachmittagsangeboten auch die Bereitschaft der Eltern im Hinblick auf Kostenbeteiligung sowie die Nachfrage nach verschiedenen Modell erhoben werden. Geplant ist überdies die Einsetzung einer eigenen Kommission zur Kinderbetreuung. Diese soll am 21. November ihre Arbeit aufnehmen und spätestens in einem halben Jahr zu einem Ergebnis kommen, wie Haubner skizzierte. Die Regierung will vor allem auch bundeseinheitliche Qualitätsstandards für die Kinderbetreuung schaffen.
Gehrer rechnet mit einem Mehr von 10.000 Plätzen
Bildungsministerin Gehrer rechnet mit einem notwendigen 20-prozentigen Zuwachs an Plätzen für Nachmittagsbetreuung (derzeit 45.000) bis 2006 - davon sind rund 10.000 Kinder betroffen. Der Schwerpunkt liegt bei den Sechs- bis etwa Zwölfjährigen, denn "mit zwölf, 13 Jahren bröckelt dann die Lust am ganztägigen Betreutsein ab", wie Gehrer formulierte Die Kosten bezifferte sie mit insgesamt neun Mill. Euro, die im Budget der Jahre 2005/2006 "untergebracht werden müssen".
Bei dem Runden Tisch habe sich überdies gezeigt, dass die Länder "keinen Zentralismus vorgeschrieben bekommen wollen", wonach sie eine bestimmte Zahl an Kindern betreuen müssten. Nun soll auf Landesebene überlegt werden, ob die Sprengeleinteilung so starr sein muss.
Die Erhebung soll nun zeigen, was der tatsächliche Mehrbedarf sei. Rauch-Kallat sieht die Herausforderung der veränderten Lebensumstände auch für Mütter als unumstritten. Sie zweifelt allerdings - ebenso wie Staatssekretärin Haubner - derzeitige Erhebungen und Zahlen zum Betreuungsbedarf an. Zahlen wie 250.000 fehlende Plätze hätten "schon vor zehn Jahren nicht gestimmt, als ich Familienministerin war", betonte die nunmehrige Frauenministerin. Oft stimme auch die Zahl der Anmeldungen nicht mit jener der tatsächlichen Inanspruchnahme der Angebote überein. Offensichtlich werde auch das "ausreichende Angebot für die Drei- bis Sechsjährigen" nicht als solches wahrgenommen.
Sie will vor allem das Informationsangebot für die Eltern verstärken. Die Information sieht Rauch-Kallat "nicht nur als Holschuld der Eltern, sondern auch als Bringschuld der Träger und Politik". Überdies schlägt sie vor, etwa für schulautonome Tage oder Ferienzeiten entsprechende Angebote von privaten Einrichtungen mittels Subjektförderung zu unterstützen.
Opposition: Regierung sieht am Kernproblem vorbei
Kritik kam erwartungsgemäß von der Opposition: Das Kernproblem bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei nach wie vor das Fehlen von pädagogisch hochqualitativen Kinderbetreuungseinrichtungen, betonte die Grüne Familiensprecherin Sabine Mandak. Die Regierung könne noch so laut von Wahlfreiheit für alle Mütter und Väter reden - "sie haben sie nicht".
"Viel Lärm um nichts", fasste SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl die Ergebnisse des Runden Tisches zusammen. Statt konkrete Maßnahmen zu treffen, werde das auch von der OECD beanstandete Problem "sukzessive weggeredet". "Was nützt es, wenn Eltern darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass etwa in 30 Kilometer Entfernung ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht, der aber keinen Mittagstisch hat und um 17 Uhr die Pforten schließt?" Die SPÖ fordert einen Rechtsanspruch der Eltern auf einen Kinderbetreuungsplatz. Für ÖGB-Frauenvorsitzende Renate Csörgits ist die angekündigte Aufstockung nur "ein erster Schritt".