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Wie viele "Freunde" übersiedeln mit?

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Kunden gehören zum wertvollsten Kapital einer Firma. | In Social Networks verschwinden die Grenzen der Geschäftsbeziehung. | Nutzung steht im Konkurrenzverbot. | Wien. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwinden zunehmend. Mit ein Grund ist die Zeit, die wir im Internet verbringen - auf den Seiten sozialer Netzwerke. Man sucht den Namen von neuen Bekannten und schickt ihnen eine Freundschaftsanfrage, wenn sie vielversprechend sind - entweder aufgrund von Sympathie oder der beruflichen Vernetzung. Sei es auf Facebook, Xing oder LinkedIn.


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Ein freundschaftlicher Umgang mit den Kunden macht die Arbeit angenehmer, nach abgeschlossener Verhandlung oder Präsentation geht man eventuell noch auf ein Bier und quatscht über die Branche. Doch was passiert im Falle eines Arbeitgeberwechsels? Oder wenn sich der Dienstnehmer selbständig macht? Wenn die Praktikantin auf einmal über Xing einen Fuß in ein wichtiges Unternehmen bekommt?

Denn Kundenkontakte machen einen Gutteil des Unternehmenswerts aus. Deswegen ist es verboten, sich die jeweiligen Daten auf CD zu speichern und bei Beendigung des Dienstverhältnisses mitzunehmen. Aber muss man auch die Hälfte seines Facebook-Netzwerks "entfreunden"?

"Grundsätzlich ist es egal, mit welchem Medium ich Kundenkontakte sammle, sei es nun auf Facebook oder auf der alten Rollkartei, dem Rolodex", erklärt Jakob Widner, Arbeitsrechtsexperte und Partner bei Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte. Es komme vielmehr darauf an, ob man beabsichtigt, die Daten kommerziell zu verwenden. "Der Arbeitgeber wird nichts dagegen tun können, dass man sich mit einem Kunden besser versteht. Da kann man Handynummern austauschen, eine Freundschaftsanfrage schicken oder einen Liebesbrief schreiben. Gegen eine echte Freundschaft spricht nichts. Vorwerfbar ist allerdings eine bloße virtuelle Freundschaft zu 100 Kunden", so Widner. Problematisch ist es auch, wenn es sich zwar nur um eine kleinere Anzahl von Kunden handelt, allerdings alle einen speziellen Bereich abdecken. Allerdings ist es für den Arbeitgeber schwer nachweisbar. "Das Verschleiern funktioniert auf sozialen Netzwerken einfacher, als wenn man die Daten einfach auf seine externe Festplatte saugt."

"Im Internet kann man zum Beispiel mit 14 Leuten auf Facebook befreundet sein, mit drei auf Xing und dann noch einer Handvoll auf LinkedIn", weiß Widner. Allerdings: "Es geht zwar einfacher, als händisch alles ins Notizbuch abzuschreiben, das Verhalten ist trotzdem rechtlich haarig." Das Gericht wird dem Einzelfall entsprechend abwägen müssen. Grundsätzlich ist Wettbewerb nicht verpönt. Außer man verschafft sich planmäßig, durch das "Befreunden" von Kunden einen unfairen Wettbewerbsvorteil - dann verstößt der Dienstnehmer gegen das Wettbewerbsgesetz. Wenn der Arbeitnehmer zudem schon bei aufrechtem Dienstverhältnis beginnt, Kontakte zu sammeln und für diese Kunden eventuell auf eigene Rechnung Dienstleistungen anzubieten, setzt er damit einen Entlassungsgrund.

Schwierig zu beweisen

Auch wenn der Dienstnehmer nur spärlich Kontakte gesammelt hat und sich von seinem Arbeitgeber trennt, kann es problematisch werden. Und zwar wenn eine Konkurrenzklausel vereinbart worden ist, die dem Arbeitnehmer untersagt, bis zu einem Jahr in derselben Branche zu arbeiten. Dieses Verbot greift allerdings erst in einer Gehaltsstufe von rund 2000 Euro.

Gerade in der Kreativwirtschaft werden die rechtlichen Grenzen oft nicht klar wahrgenommen, erzählt Widner aus der Praxis. Der Anwalt musste kürzlich einen Unterlassungsanspruch gegen einen Kunden-Mitnehmer durchsetzen. Er hatte einen Werbeetat für eine große Firma bei einer Agentur über - und wollte den beim Jobwechsel mitnehmen - dank der guten freundschaftlichen Kontakte. "Dieser Fall hat sich in der realen Welt abgespielt. In der virtuellen wird die Beweislast schwieriger."