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Wie viele Jobs bringt die EM?

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Wirtschaft rechnet mit 11.000 neuen Arbeitsplätzen. | Experten glauben nicht an nachhaltige Arbeitsmarktimpulse. | Wien. Reinhold Mitterlehner, stellvertretender Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), hat die Latte besonders hoch gelegt: Unter den mehr als 11.000 Jobs, die - laut einer Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW) - durch die heurige Fußball-Europameisterschaft in Österreich entstehen werden, sollen gleich 6000 Dauerarbeitsplätze sein. Experten teilen diesen Optimismus, was die Nachhaltigkeit der Beschäftigungseffekte angeht, aber nur sehr beschränkt.


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"Ich gehe davon aus, dass die Beschäftigungsverhältnisse während der EM so gut wie alle kurzfristig sein werden", meint IBW-Experte Helmut Hafner gegenüber der "Wiener Zeitung". Das IBW ortet eine besonders große Nachfrage nach Gastronomie-Hilfskräften und nach Security-Personal (siehe Grafik). Inwieweit die zusätzlichen Billigjobs während der Europameisterschaft dem heimischen Arbeitsmarkt eine Entlastung bescheren können, bleibt abzuwarten: Anstatt neues Personal aufzunehmen, würden viele Unternehmen, so Hafner, einfach Urlaubssperren verhängen.

AMS wittert Chance

Der Experte rechnet damit, dass rund 3000 der 11.000 zu vergebenen Stellen durch junge Volontäre - zu einem beträchtlichen Teil auch aus dem Ausland - abgedeckt werden dürften. Außerdem sei zu erwarten, dass sich vor allem Studenten - etwa als Servierpersonal - kurzfristig in der Gastronomie verdingen.

Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich (AMS), sieht dennoch Chancen. Einerseits will das AMS über eine eigens für die Vermittlung von EM-Jobs eingerichtete Internet-Plattform mit Unternehmen in Kontakt kommen, die ihr Personal bisher auf anderen Wegen rekrutiert haben. Andererseits sollen Langezeitarbeitslose während des Sport-Events zumindest kurzfristig "in Beschäftigung gebracht" werden.

Entsprechende Projekte des AMS-Wien würden, so Kopf, auf großes Interesse stoßen. Wie viele Arbeitssuchende tatsächlich davon profitieren können, sei schwer abzuschätzen. Der AMS-Chef geht aber davon aus, dass es insgesamt eher ein Problem sein wird, genügend geeignete Arbeitskräfte zu finden. Vor allem im Tourismus dürften deshalb, so Kopf, Saisonniers - etwa aus Ostdeutschland - eine wichtige Rolle spielen.

Schwierige Messungen

Eine Studie des Wiener Instituts für Sportökonomie Spea geht von einem Gesamt-Beschäftigungseffekt der Euro 2008 im Ausmaß von knapp 6000 sogenannten "Jahresbeschäftigungsverhältnissen" aus. Diese Zahl fasst fiktiv zusammen, wie viele Personen durch die EM für ein Jahr Arbeit finden könnten. Eine genaue Zahl an Arbeitsplätzen lässt sich daraus nicht ableiten: Einerseits rechnet die Spea-Studie die Vorbereitungsjahre vor der Europameisterschaft mit ein. Andererseits gehen die Autoren auch hier davon aus, dass während der EM selbst kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse vorherrschen werden. So manches Jahresbeschäftigungsverhältnis beinhaltet demnach mehrere Kurz-Jobs.

Spea-Ökonom Christian Helmenstein glaubt aber dennoch, dass zumindest einige, die für die Zeit der EM eine Stelle annehmen und sich bewähren, eine Chance auf Weiterbeschäftigung haben. Dies zu messen, dürfte jedoch eine Herausforderung werden: Laut IBW-Experten Hafner weiß man in Deutschland bis heute nicht, wie hoch die Arbeitsmarkteffekte der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gewesen sind.