Der Volkspartei geht’s ziemlich schlecht. Vermutlich braucht sie eine Kur von noch nie dagewesener Radikalität, um daran etwas zu ändern.
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Auf Michael Spindeleggers Formulierung, eine Steuersenkung könne erst kommen, "wenn wir uns das auch leisten können", replizierte sein Tiroler Parteifreund, AK-Präsident Erwin Zangerl, schmerzhaft: "Die Frage ist, wie lange wir uns Herrn Spindelegger noch leisten können." Nun ist Herr Zangerl nicht unbedingt die oberste Instanz der ÖVP, den Kern des Problems hat er trotzdem gut erkannt.
Spindelegger ist der perfekte ÖVP-Chef - aus der Sicht der SPÖ-Zentrale. Denn der Sozialdemokratie kann nichts Besseres zustoßen als ein ÖVP-Chef, der zwar zu stark ist, um gestürzt zu werden, aber zu schwach ist, um Wahlen zu gewinnen. Und genau das ist die Situation, in der sich Spindelegger (noch) befindet. Solange sich die nicht ändert, kann auch eine nicht übertrieben kampfkräftige SPÖ einigermaßen beruhigt davon ausgehen, Seniorpartner im Tandem zu bleiben. Für die ÖVP heißt das freilich: Alles so zu lassen, wie es ist, und darauf zu hoffen, göttliche Fügung möge der Partei bessere Zeiten bescheren, ist keine wirklich überzeugende Strategie. Die Wiener ÖVP geht diesen eigentümlichen Weg ja schon seit Jahren mit dem bekannten Ergebnis der nahezu völligen Marginalisierung.
Wäre die ÖVP ehrlich zu sich selbst, müsste sie sich eingestehen: Hier wird derzeit ein nicht sehr marktgängiges politisches Produkt von nicht sehr begabten Verkäufern an immer weniger Kunden verramscht. Und gleich nebenan strömen die eigenen Kunden zur neuen Firma "Strolz & Co" des Neos-Gründers.
Die ÖVP ist zwar nicht die einzige Partei in einer derartigen Situation - aber sie ist es in besonders hohem Maße. Deshalb würde es auch nichts nützen, den glücklosen Spindelegger durch den auch nicht gerade strahlenden Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zu ersetzen - die Partei braucht einen radikalen Eingriff, will sie wieder reüssieren. Tabus darf es dabei gar nicht geben.
Wie wäre es zum Beispiel mit einer Fusion mit den Neos? Der erfolgreiche Matthias Strolz, selbst lange in ÖVP-Diensten, könnte Parteichef einer "Neo-Volkspartei" und vielleicht Wirtschafts- oder Finanzminister werden - und ÖVP-Senkrechtstarter Sebastian Kurz sein Co, Vizekanzler und vielleicht sogar Kanzleraspirant der fusionierten Firma "Kurz & Strolz" (Spindelegger gäbe einen guten EU-Kommissar ab).
Natürlich bekämen die klassischen ÖVP-Granden Pustel im Gesicht bei der rein hypothetischen Vorstellung, mit der gottlosen Pink-Truppe und Leuten wie dem "Pastafari" Niko Alm ins Bett gehen zu müssen; die wiederum quittieren solche Fantasien damit, für derartige Altlasten keine Verwendung zu haben.
Doch rein rechnerisch und laut aktuellen Umfragen wären ÖVP und Neos zusammen mit 30 bis 35 Prozent die größte Partei, sofern sie ihre bisherigen Fans halten könnten. Grund für allzu viel Hochmut haben die Neos auch nicht: Spätestens nach einem - für 2018 durchaus realistischen - Regierungseintritt als Mehrheitsbeschaffer für Rot-Schwarz droht der Partei eine harte Auseinandersetzung mit sich selbst.
Natürlich ist eine Fusion der beiden bürgerlichen Parteien derzeit weit und breit auf keiner Agenda und pure Fantasie. Aber ohne ein Quantum Fantasie wird sich die ÖVP ziemlich schwer tun, irgendwann wieder einmal an einem Wahlabend Grund zum Feiern zu haben.