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Fangfragen spielen in der Politik eine große Rolle. Das galt zuletzt für "Wer, wenn nicht er?" in der wieder einmal zur Kanzlerwahl stilisierten Nationalratswahl. Weshalb gelang das nicht gleich bei der Pensionsreform mit "Wie, wenn nicht so?"
Einmal schon deshalb nicht, weil es sich hier nicht um die Entscheidung zwischen zwei Personen handelte, sondern um eine hochkomplexe Materie mit ihren Jahreszahlen, Durchrechnungszeiten, Steigerungsbeträgen, Abschlägen und Deckelungen, bei der sich nur Experten auskennen, aber deshalb keineswegs immer einer Meinung sind.
Dann aber auch deshalb nicht, weil mit dem "Wie" Oppositionsparteien und Sozialpartner nicht aus der Reserve zu locken waren und sich mit einem "So nicht" begnügten und das nicht nur mit Zahlen, sondern mit Vorwürfen bis hin zu "Abkassieren", "Raub" und "Schwindel" beantworteten.
Wichtiger noch aber wäre von vornherein die Einsicht gewesen, dass es schon in der Verteilungsdemokratie eine Neidgenossenschaft gab und dass das erst recht weggenommen werden soll, darf es keine Beispiele dafür geben, dass andere etwas behalten. Der große Wurf aber konnte die in eine geballte Ladung von Budgetbegleitgesetzen verpackte ASVG-Pensionsreform schon deshalb nicht sein, weil sie Privilegienvorwürfe nicht gleich erstickte.
Auch fehlte es am großen Paukenschlag der Begründung, dass es "so" wie bisher einfach nicht weitergehen kann, weil die Österreicher im Vergleich zu 1970 heute um zweieinhalb Jahre später zu arbeiten beginnen, dann 5,7 Jahre kürzer arbeiten und dann 11,5 Jahre länger ihre Pension beziehen.
Oder bildhafter gesprochen: Unser Pensionssystem gleicht einem Wagen auf einer Strecke mit starkem demographischem Vergreisungsgefälle mit bereits heißgelaufenen Ausgabebremsen. Wenn da nicht rechtzeitig heruntergeschaltet wird, bleibt nur die Karosseriebremse. Und da verunglücken in erster Linie die noch jungen Insassen, aber auch die älteren mit ihren erworbenen Rechten können sich nicht sicher fühlen.
Inzwischen wurden an runden Tischen Kanten abgeschliffen, offensichtlich Härten gemildert und Verluste gedeckelt. Schon meinen Experten, der jetzt eingelegte Gang sei zu hoch, während Opposition und ÖGB meinen, er sei zu niedrig, ja man könne überhaupt so weiter fahren wie bisher und inzwischen noch gründlicher überlegen, was zu tun sei. Und wenn die am Steuer sitzende Regierung das nicht will, könne man ja auch den Fahrer auswechseln.
Am Steuer des gleichen Fahrzeuges
Nur dass man demographische Tatsachen weder bestreiten noch bestreiken kann. Wohl kann man durch Streiks eine Gesetzesvorlage zu Fall bringen und sogar eine Regierung stürzen. Freilich sollte man dabei nicht vergessen, dass eine nächste Regierung am Steuer des gleichen Fahrzeuges auf der gleichen Gefällstrecke sitzen wird. Die wird dann endgültig zum Gefangenen der Frage "Wie, wenn nicht so?"
Prof. Karl Pisa war u.a. Informationsstaatssekretär in der Regierung Klaus