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Seit kurzem werden Geldstrafen und Geldbußen, die von Gerichts- oder Verwaltungsbehörden eines anderen Mitgliedstaates auferlegt wurden, von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) gegenseitig anerkannt. Darauf hatten sich die Mitgliedstaaten mit einem "Rahmenbeschluss" und nicht durch einen Vertrag - wie des öfteren kolportiert - geeinigt.
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Bei einem solchen Rahmenbeschluss handelt es sich um einen Rechtsakt der "Dritten Säule" der EU - das ist der Bereich der "Polizeilichen und Justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen". Der Rahmenbeschluss zielt auf die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ab. Er ist nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Er ist nicht unmittelbar wirksam und muss daher im nationalen Recht umgesetzt werden.
Der Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (Amtsblatt der EU 2005 L 76/16) trat am 22. März 2005 in Kraft und war bis zum 22. März 2007 umzusetzen. Er sieht die Möglichkeit einer Übergangsfrist von fünf Jahren ab dem Datum seines Inkrafttretens vor.
Was heißt Geldstrafe?
Der Ausdruck Geldstrafe oder Geldbuße bezeichnet dabei die Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrages aufgrund einer Verurteilung wegen einer Zuwiderhandlung, aber auch Geldentschädigungen für Opfer, Kosten des Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens sowie Geldbeträge an eine öffentliche Kasse oder eine Organisation zur Unterstützung von Opfern. Die Zahlung einer Geldstrafe oder Geldbuße kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person wie zum Beispiel ein Unternehmen treffen. Geldstrafen gegen Unternehmen werden selbst dann vollstreckt, wenn der Grundsatz strafrechtlicher Verantwortlichkeit juristischer Personen im Vollstreckungsstaat nicht anerkannt wird.
Die Geldstrafen und Geldbußen werden unter anderem bei Straftaten wie Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Terrorismus, Menschenhandel, Vergewaltigung, Waffenschmuggel, Betrug, aber auch bei bloßen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung auferlegt.
Die Entscheidung über die Zahlung einer Geldstrafe wird vom "Entscheidungsstaat" getroffen. Das ist der Mitgliedstaat, in dem die rechtskräftige Entscheidung ergangen ist. Dieser übermittelt seine Entscheidung an den "Vollstreckungsstaat" - das ist der Mitgliedstaat, der die Entscheidung in seinem Hoheitsgebiet zu exekutieren hat. Der Entscheidung muss eine Bescheinigung beigefügt sein. Fehlt sie, ist sie unvollständig oder entspricht sie der Entscheidung offensichtlich nicht, dann kann der Vollstreckungsstaat die Exekution der Geldstrafe verweigern. Die Vollstreckung kann auch aus weiteren, genau spezifizierten Gründen verweigert werden. Das ist vor allem dann möglich, wenn die Geldstrafe oder Geldbuße unter 70 Euro liegt.
Der Rahmenbeschluss sieht die Vollstreckung einer Entscheidung nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vor, wobei die Grundrechte und vor allem die Verfahrensgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachten sind. Der Vollstreckungsstaat kann auch entscheiden, die Höhe der Geldstrafe auf das nach seinem Recht vorgesehene Höchstmaß zu verringern, sofern die Handlungen nicht auf dem Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaates erfolgt sind. Er kann Freiheitsstrafen anordnen, falls die Geldstrafe nicht eingetrieben werden kann. Der Erlös aus der Vollstreckung fließt grundsätzlich dem Vollstreckungsstaat zu.