Landesparteitage sind für den Durchschnittsbürger naturgemäß unspannend - es sei denn, sie finden nach einer Wahl statt. Denn da können die Delegierten ohne Bedenken Psychohygiene betreiben und Dampf ablassen. So auch am vergangenen Samstag beim Landesparteitag der Wiener SPÖ im Austria Center, auf dem es bei der Wahl des Vorstandes einen Dämpfer für Parteichef und Bürgermeister Michael Häupl gab: Er kam auf 89,2 Prozent - sein bisher zweitschlechtestes Ergebnis.
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Noch deutlicher als Häupl mahnten die Wiener SPÖ-Delegierten Vizebürgermeisterin Renate Brauner und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely ab, die unterhalb der 80-Prozent-Marke blieben.
Das Ergebnis liege "innerhalb der Schwankungsbreite Häupls", heißt es nun in der Partei. Und es sei angesichts der Streichung der pauschalierten Überstunden für Rathausbeamte sogar noch einigermaßen moderat ausgefallen. Ein weiterer Faktor ist die rot-grüne Koalition, die ja nicht von der gesamten Partei befürwortet wurde. Außerdem gibt es nach wie vor Hardliner in der SPÖ, die sich eine strengere Integrationspolitik wünschen würden.
Und was das schlechte Abschneiden Brauners anbelangt, so zeigt sich diese selbst nicht einmal verwundert: Eine Finanzstadträtin habe es in Zeiten der Krise nicht leicht, zumal es viele Situationen gebe, in denen man eher nein als ja sagen müsse, erklärt Brauner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Auf die Diskussion der Häupl-Nachfolge habe das Ergebnis keinen Einfluss, wird beteuert, schließlich habe der Wiener Bürgermeister bereits mehrmals versichert, dass er selbst sein nächster Nachfolger werden wolle.
Wagt man allerdings das Was-wäre-wenn-Spielchen und zieht die Ergebnisse als Nachfolge-Präferenzen der Partei heran, so müsste Brauner dem Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig Platz machen, der in seiner Funktion als einer von fünf Stellvertretern Häupls mit 90,3 Prozent in den Vorstand gewählt wurde. Dies lässt wohl auf interne Grabenkämpfe schließen.
Dass es seit dem Wechsel von Rudolf Schicker vom Verkehrsstadtrat zum Klubvorsitzenden innerhalb der Partei generell brodelt, gibt man selbst in der zweiten Reihe nur hinter vorgehaltener Hand zu. Und doch war das Rumoren an der Basis während des Landesparteitags deutlich zu spüren, als nach intensiven Debatten über das Verbot des kleinen Glückspiels direkt abgestimmt wurde - obwohl die Antragsprüfungskommission empfohlen hatte, den Antrag dem Gemeinderatsklub zur weiteren Behandlung zuzuweisen.
Jetzt steht die SPÖ unter Zugzwang. Dass aber Forderungen der Basis nicht 1:1 übernommen werden müssen, zeigt der Antrag auf kostenlose Öffi-Benutzung für Obdachlose, der beim Parteitag 2007 gestellt wurde: Aus der Freifahrt wurde ein Mobilpass für Sozialhilfebezieher.