AK und ÖGB für Lohnsteuer-Tarif mit Inflationsanpassung. | Wirtschaftstreuhänder fordern radikale Vereinfachung. | Wien. So unterschiedlich die zahlreichen Vorschläge verschiedener Parteien, Interessensgruppen und Experten zur geplanten Steuerreform auch sein mögen, eines nehmen sie alle für sich in Anspruch: Das Steuersystem solle dadurch "gerechter" gestaltet werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Auch der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Herbert Tumpel, wurde am Montag bei der Präsentation der entsprechenden Forderungen von AK und ÖGB nicht müde, auf eine "Schieflage" zulasten der Arbeitnehmer hinzuweisen. Schwerpunkt des gemeinsamen Forderungskatalogs von Arbeiterkammer und Gewerkschaft ist eine Neugestaltung des Lohn- und Einkommensteuersystems.
So soll unter anderem der Freibetrag, bis zu dem überhaupt keine Steuer gezahlt werden muss, von 10.000 auf 11.000 Euro im Jahr angehoben werden. Für Einkommensbestandteile zwischen 11.000 und 25.500 Euro müssten - nach den Vorstellungen von AK und ÖGB - nur mehr 33 Prozent Lohnsteuer gezahlt werden. Bis dato beträgt dieser Grenzsteuersatz 38,3 Prozent (siehe linke Grafik).
"Gebot der Stunde"
Durch das neue Tarifsystem würden alle Arbeitnehmer ab einem Brutto-Monatseinkommen von 1138 Euro entlastet. Bei jenen 1,8 Mio. Einkommensbeziehern, die zwischen 1200 und 3400 Euro verdienen, betrage die Entlastung mindestens 3 Prozent. Für ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer ist eine Lohnsteuersenkung "das Gebot der Stunde", um die Inlandsnachfrage anzukurbeln. Jene 2,5 Mio. Kleinstverdiener, die schon jetzt keine Lohnsteuer zahlen, sollten laut AK und ÖGB durch eine Anhebung der Negativsteuer einen "Steuerbonus" von bis zu 450 Euro jährlich erhalten.
Um Belastungen durch die sogenannte "kalte Progression" zu vermeiden, wollen die Arbeitnehmervertreter die Einkommensgrenzen für die einzelnen Tarifstufen jährlich mit der Inflationsrate anheben. Dadurch würde verhindert, dass Arbeitnehmer, ohne real mehr zu verdienen, automatisch in eine höhere Steuerklasse rutschen.
Der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT), Klaus Hübner, begrüßt diese laufende Inflationsanpassung im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Grundsätzlich greife die Diskussion über den Lohnsteuer-Tarif aber zu kurz. Schließlich müssen Arbeitnehmer auch Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Rechnet man diese mit ein, wird aus dem Stufentarif jedoch ein Zickzack-Kurs (siehe rechte Grafik).
Soziale Einheitsabgabe
Damit würde laut KWT der Grundsatz über Bord geworfen, dass Besserverdiener mehr zur Finanzierung des Staates beitragen. "Während jemandem mit 2500 Euro Bruttolohn von 100 Euro Lohnerhöhung 51 Euro bleiben, zahlt ein Generaldirektor für seine zweite Million nur 44 Prozent Steuern", rechnet Hübner vor. Grund dafür: Für Einkommensbestandteile über der Höchstbeitragsgrundlage von 55.020 Euro müssen keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden.
Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder fordert weiterhin eine einheitliche "Flat Tax", die Lohn- und Einkommensteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge umfasst. Wichtig für Hübner: Eine solche Einheitsabgabe gehöre "sozial abgefedert". Bei einer aufkommensneutral gestalteten Flat Tax von 44 bis 46 Prozent könnten für einen Freibetrag von 11.000 Euro auch die Sozialversicherungsbeiträge entfallen. Darüber hinaus wäre bereits eine Ausweitung des steuerlich begünstigten 13./14. Monatsgehalts auf Selbständige eingerechnet - laut Hübner ein Beitrag für mehr Steuergerechtigkeit.
AK-Präsident Tumpel sieht das anders. Er fordert hingegen einen Kinderbetreuungsbonus von 600 Euro im Jahr, den Unternehmen über eine Wertschöpfungsabgabe finanzieren sollen. Mit einem - darüber hinaus verbleibenden - Volumen von 3,75 Mrd. Euro überschreiten die Arbeitnehmerwünsche die von der Regierung für die Steuerreform veranschlagten 3 Mrd. Euro deutlich.