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Wie wirkten Wahlversprechen auf das Wahlverhalten?

Von Marcelo Jenny

Analysen

Die Wahl hat zu einem Rechtsruck im österreichischen Parteiensystem geführt. Das Dritte Lager in Stadt und Land hat sich aber unterschiedlich entschieden.


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Nicht wie so oft die Arbeitslosigkeit sondern die wahrgenommenen und für die nahe Zukunft befürchteten Preissteigerungen dominierten die öffentliche Auseinandersetzung vor der Nationalratswahl 2008. Das führte zu einer denkwürdigen Sitzung des Nationalrates nur wenige Tage vor der Wahl.

Die Diskussion über die tatsächlichen Auswirkungen der beschlossenen Wahlversprechen auf das tatsächliche Wahlverhalten von jungen Wähler der verschiedenen Bildungsschichten sowie der Pensionisten wird die Analysten noch länger beschäftigen.

Die Nationalratswahl 2008 hat zu einem massiven Rechtsruck im Parteiensystem geführt. Der herausragenden Stellung des BZÖ als der relativ stärksten Partei in Kärnten mit fast 40 Prozent steht allerdings dort ein nur einstelliges Ergebnis der FPÖ gegenüber. Umgekehrt hat die FPÖ in Wien mit

21 Prozent die Position der zweitstärksten Partei nach der SPÖ errungen, während das BZÖ in de Hauptstadt unter der Fünf-Prozent-Marke blieb. Das Dritte Lager in Stadt und Land hat sich unterschiedlich entschieden.

Aus der geographischen Distanz zum politischen Zentrum kämpften dieses Mal gleich mehrere Parteien. Das BZÖ tat es äußerst erfolgreich. Die Liste Fritz kam über den Status einer kurzen medialen Sternschnuppe nicht hinaus. Jörg Haider hat sein Talent als Wahlkämpfer wieder einmal unter Beweis gestellt, der Wahlkampf von Fritz Dinkhauser war nicht glänzend, ebenso jener des Liberalen Forums.

Parallelen zum Schicksal der Wahlkampagne Hans-Peter Martins beim letzten Mal drängen sich auf. Die Grünen haben einmal mehr den Beweis erbracht, wie schwer ihnen der Spagat zwischen der Mobilisierung der eigenen jungen und städtischen Kernwählerschicht und dem Erschließen neuer Wählergruppen fällt, trotz eines nahezu idealen Spitzenkandidaten für diese Aufgabe.

Trotz der historischen Tiefstände für die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP war die Volatilität des Wahlverhalten (gemessen an der Summe der Verschiebungen der Stimmenanteile der Parteien im Vergleich mit den letzten paar Wahlen) nicht außergewöhnlich. Die Verschiebungen von der Nationalratswahl 2002 zur Wahl 2006 waren deutlich größer.

Ein neuerliches Absinken der Wahlbeteiligung auf einen Tiefstand ist auch bei optimistischer Rechnung mit noch nicht ausgezählten Wahlkarten kaum zu verhindern. Dazu ist der derzeitige Stand von nur 71,5 Prozent zu niedrig. Dass das Halten der Beteiligung bei der Nationalratswahl 2006 von 78,5 Prozent schwer werden würde, war aufgrund der Senkung des Wahlalters auf

16 Jahre zu erwarten. Doch neben einer schwierigen Mobilisierung von Jugendlichen zur Wahlteilnahme haben weit mehr bisherige Wähler der Regierungsparteien zur niedrigen Teilnahmerate beigetragen. Die massiven Rückgänge der Wahlbeteiligung in ÖVP-Hochburgen weisen darauf hin.

Die Wahltags- und Nachwahlbefragungen werden darüber genaueren Aufschluss geben. Auf die Briefwahl kommt eine kleine Diskussion zu wegen der vielen Formalfehler, die zu ungültigen Stimmen führten.

tribuene@wienerzeitung.at