Ein Buch untersucht die Auswirkungen in verschiedener Hinsicht. | Wien. Die Finanzkrise bescherte auch der Wirtschaftswelt in den letzten Jahren einen "Tsunami" mit weiten Folgen. Der im Braumüller Verlag erschienene Band "Integration, Rassismen und Weltwirtschaftskrise" widmete sich den Auswirkungen für Migranten. Herausgeber sind der Soziologe Manfred Oberlechner und der Historiker Gerhard Hetfleisch.
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"Die Arbeitsplatzverluste treffen Migranten stärker als Einheimische, da ihre Chancen auf Wiederbeschäftigung geringer sind", betont die Ökonomin Gudrun Biffl im Hinblick auf Österreich. Das Umlernen falle Migranten nicht zuletzt wegen Sprachbarrieren schwerer und ihre geringeren finanziellen Möglichkeiten machen den Weg zu einer besseren Qualifizierung steinig. "In Folge nehmen Migranten oft Jobs an, in denen sie ihre Qualifikationen nicht verwerten können."
Dass die erste wie die zweite Generation der Zuwanderer ihre Bildung schlechter nützt, veranschaulicht auch der Soziologe August Gächter. Er macht auf den sozialen Abstand zwischen Migranten und Einheimischen in allen Bundesländern aufmerksam und belegt: Das soziale Gefälle liege zu einem größeren Teil daran, dass Migranten ihre Bildung schlechter verwerten können, als dass sie schlechter ausgebildet seien. Die Politik solle sich nicht nur auf Bildungsfragen konzentrieren, sondern auch auf "Ausschließungstaktiken am Arbeitsmarkt".
Bei bildungs- und arbeitsmarktfernen Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist laut Biffl anwendungsorientiertes statt schulisches Lernen sinnvoll. "Hilfestellung in der Lebensorientierung" fehle oft. Ihre Untersuchung unter jugendlichen Migranten in Tirol ergab "eine große Orientierungslosigkeit" unter Jugendlichen nach Beendigung der Pflichtschule. "Viele wachsen in dem Bewusstsein auf, dass sie ein erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko haben. Sie glauben nicht, dass sie mit höherem Bildungsabschluss bessere Berufsaussichten hätten."
Migranten nur ein Problem?
Kaum erwähnt werden die Chancen, die Migranten etwa dank Mehrsprachigkeit nützen können. Wenig verwunderlich ist insofern, was der Unternehmensberater Paul Schober kritisiert: "In der öffentlichen Meinung ist die Sachlage klar: Ein Migrant ist ein Problem."
Der Frage, wie politisch-islamische Gruppierungen auf die Krise reagieren, widmet sich der Politologe Thomas Schmidinger. Er verweist auf "Organisationen der Muslimbruderschaft oder die türkeistämmige Milli Görüs", die nun verstärkt "islamisches Bankwesen und Ökonomie bewerben".
In die Zeit der Wirtschaftskrise fielen auch heftige gesellschaftspolitische Debatten. Der Obmann der Initiative Muslimischer Österreicher Tarafa Baghajati erwähnt etwa die Abstimmungen zum Bau von Minaretten, die vor allem eine Botschaft an Muslime vermitteln sollten: "Ihr seid hier nicht willkommen und könnt nicht Teil dieser Gesellschaft werden" und "Wir bestimmen über euch". Statt von Islamophobie sollte man von Islamfeindlichkeit reden, fordert Baghajati.
In Summe ist es ein vielseitiges und teilweise sehr engagiert geschriebenes Buch.