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Wieder 56 Tonnen Atommüll auf Reise durch Deutschland

Von WZ-Korrespondentin Christine Zeiner

Europaarchiv

Gleisblockaden in Karlsruhe. | Berlin. Es ist kalt, doch davon lassen sich die Atomkraftgegner nicht abschrecken. Sie haben sich warm angezogen, einen Ofen organisiert und ein Zelt, das vor dem Wind schützen soll, aufgestellt. Am Magdeburger Bahnhof halten sie eine Mahnwache.


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Denn durch Deutschland rollt erneut ein Castor-Transport. Die Strecke dürfte auch über Magdeburg führen -- ganz genau weiß man das nicht: Die Route wird geheim gehalten. Im vergangenen November hatten Atomkraftgegner einen Transport mit hochradioaktivem Müll aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins mögliche Endlager Gorleben gewaltig verzögert.

Fünf Spezialbehälter mit 56 Tonnen hochradioaktivem Gift verließen Mittwochfrüh das Gelände der ehemaligen Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe. Von Süddeutschland soll es nach Norddeutschland, ins Zwischenlager nahe Lubmin, gehen. Mehrere Gegner hatten bei Karlsruhe die Gleise blockiert. Sie wurden von der Polizei weggetragen.

Keine Lager im Süden Deutschlands

Die Gegner protestieren dagegen, dass der Müll an einen anderen Ort geschafft wird: Dort wo das Gift anfällt, sollte es ihrer Ansicht nach auch bleiben. Doch in der Diskussion um ein mögliches Endlager für Atommüll sträuben sich vor allem die süddeutschen Länder, Alternativen zum Salzstollen Gorleben in Niedersachsen zu untersuchen. Dabei gibt es in Bayern und Baden-Württemberg Ton- und Granitvorkommen -- und beides käme für eine Lagerung in Frage. Welcher Wähler aber möchte schon ein Endlager in seiner Umgebung haben?

Gorleben sei ohnehin bereits eine ausgemachte Sache sei, glauben AKW-Gegner. Denn die vier großen Energiekonzerne haben bereits viel Geld in die Erkundung des Stollens gesteckt. Umweltminister Norbert Röttgen versucht zu beruhigen und sagt, dass man "ergebnisoffen" erkunde. Um die Wogen zu glätten, besuchte er Anfang der Woche den Kreis Lüchow-Dannenberg, wo Gorleben liegt. Doch der Minister wurde mit Buh-Rufen begrüßt. Er habe sich spät dazu entschlossen, mit den Anrainern Kontakt aufzunehmen, lautet ein Vorwurf. Außerdem habe er die Laufzeitverlängerung der deutschen AKWs beschlossen. Und das heißt: Noch mehr Müll.

Die Grünen berichten indes, dass ihre Verfassungsklage gegen die Laufzeitverlängerungen in der Schlussphase seien. Man habe unter anderem den Bundesrat in der Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt. Dort hat die Regierung aus Konservativen und Liberalen keine Mehrheit. Schon Anfang Februar hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Klage beim Verfassungsgericht eingereicht.